Schwarze AK-Chefs auf roter Umverteilungslinie

Tiroler AK-Präsident Zangerl stellt Spindelegger infrage
Schützenhilfe für SPÖ: VP-Arbeitnehmer stellen Spindelegger infrage, Parteispitze versucht zu beruhigen.

Der Streit über Zeitpunkt und Stoßrichtung der nächsten Steuerreform droht zu einer ernsthaften Belastung für die Koalitionsregierung zu werden. Nachdem die Frontlinien zwischen Rot und Schwarz seit dem Nationalratswahlkampf gezogen sind ("Millionärssteuer"), beherrscht momentan eine ÖVP-interne Steuerdebatte die öffentliche Auseinandersetzung.

Unangenehm für Parteichef Michael Spindelegger: Am Mittwoch haben sich gleich drei ÖVP-Arbeiterkammerchefs zu Wort gemeldet, die alle mehr oder weniger deutlich gegen die Parteilinie sind. Die schwarzen Arbeitnehmervertreter aus Tirol, Vorarlberg und Niederösterreich wollen – wie die SPÖ – eine Entlastung möglichst schon 2015. Und eine Gegenfinanzierung, sprich die Umverteilung durch eine "moderate Vermögenssteuer".

Der Tiroler AK-Präsident Erwin Zangerl wurde am deutlichsten. Im Ö1-Mittagsjournal stellte er sich klar gegen Parteichef Michael Spindelegger. Die Frage sei nicht, ob man sich eine baldige Steuerreform leisten könne. "Die Frage ist, wie lange wir uns den Herrn Spindelegger noch leisten können."

Und weiter: "Mit einer Politik an den Menschen vorbei wird es künftig nicht gehen", sagte Zangerl und forderte "die Sozialisten" in der Regierung auf, "so g'scheit zu sein und auf den Tisch zu hauen". Die Parteispitze versucht den Ball flach zu halten. Spindelegger selbst wollte nichts sagen, Klubchef Reinhold Lopatka mahnte die VP-Gewerkschafter zur Geduld. Eine rasche Steuerreform wäre die "Grundlage für die nächste Belastungswelle". Die scharfen Worte in Richtung Spindelegger wertet Lopatka als Ausfluss der soeben geschlagenen AK-Wahl. "Der hat noch nicht umgestellt von seinem Wahlkampfmodus."

Balance

Johanna Mikl-Leitner muss als ÖVP-Regierungsmitglied, aber auch ÖAAB-Chefin in sich die Balance finden. Zu den Wortmeldungen ihrer drei ÖAAB-Freunde sagte sie: "Ich habe Verständnis für ihre Forderung. Sie beweist vor allem auch, dass die Präsidenten ihre Ohren nah am Volk haben. Sie wissen genau, dass den Menschen immer weniger vom Lohn übrig bleibt. Ich hätte die Steuerreform daher auch lieber heute als morgen. Aber ebenso wie die Präsidenten ihre Ohren nah am Volk haben, muss die Regierung ihre Augen auf die Zahlen haben. Und eine Steuerreform auf Pump, wäre eine Steuerreform am Rücken unserer Kinder – und das wollen wir nicht."

Vorerst bleibt es in der ÖVP also dabei, eine Steuerreform sei vor 2016 nicht vorstellbar. Zuerst müsste der Spielraum erarbeitet werden. Das sieht auch der ÖVP-Wirtschaftsbund so. Dessen Generalsekretär Peter Haubner sagte zum KURIER: "Eine parteiinterne Auseinandersetzung hilft uns jetzt gar nicht weiter, wir müssen alle an einem Strang ziehen und den Spielraum für die nötige Entlastung schaffen. Denn neue Schulden oder neue Steuern lehnen wir ab."

Gleich nach dem Budgetbeschluss gegen Ende Mai müsse die Bundesregierung daher den "Startschuss für sofortige Reformen" geben – vom Föderalismus bis zur Gesundheit. Alle Beteiligten, insbesondere die Länder, aber auch AK und ÖGB, sollten dann mit am Tisch sitzen, sagt Haubner.

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