Schwarz-Blau in NÖ: Heikler Pakt im Schatten von Corona
Sie holte tief Luft, dann präsentierte ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner mit Grabesmiene jenen schwarz-blauen Pakt, der in den kommenden fünf Jahren das Land Niederösterreich prägen soll. Neben ihr am Rednerpult: Udo Landbauer, Landesparteiobmann der FPÖ, und künftig ihr blauer Stellvertreter. Der Auftritt der beiden wirkte nicht wie eine Hochzeit, die Atmosphäre glich eher einem Scheidungstermin.
Dennoch: ÖVP und FPÖ haben sich auf ein Arbeitsübereinkommen geeinigt. Die Volkspartei war auf der Suche nach einem Partner, nachdem sie bei der Wahl am 29. Jänner die absolute Mehrheit in der Landesregierung verloren hat.
Der Pakt, so viel steht bereits jetzt schon fest, wird noch lange für Diskussionen und Kontroversen sorgen. Denn besonders beim Thema Corona findet sich eine Handschrift, bei der die Federführung hauptsächlich bei FPÖ-Chef Herbert Kickl gelegen sein dürfte.
Im Zentrum steht dabei ein 30 Millionen Euro schwerer Fonds, mit dem Ziel „die entstandenen Schäden – so gut dies möglich ist – wiedergutzumachen“, heißt es in dem Arbeitsübereinkommen. Mit dem Geld sollen laut Landbauer nicht nur „verfassungswidrige Corona-Strafen“ in der Höhe von 1,3 Millionen Euro amtswegig zurückgezahlt, sondern auch „die medizinische Betreuung von Menschen mit Impfbeeinträchtigungen“ finanziert werden.
Corona-Impfstatus
Zudem hat sich das Land bereit erklärt, keine Werbemaßnahmen für die Corona-Impfung mehr durchzuführen und eine Evaluierungskommission einzurichten, die sich mit der Pandemie-Zeit auseinandersetzen soll. Und weiter: Das Land wird alle Bewerber, deren Bewerbung für eine Stelle im Landesdienst aufgrund ihres Corona-Impfstatus nicht weiter verfolgt wurde, zu einem neuerlichen Vorstellungsgespräch einladen.
Weitere Punkte aus dem Pakt, die genannt wurden: ein Pflegescheck für die „Pflege zuhause“, eine Kinderbetreuungsoffensive und Maßnahmen gegen die Teuerung.
"Öffentliche Zirkusshow"
Das nunmehrige Bündnis sei das Resultat „der Blockade einer Fraktion“ (gemeint ist die SPÖ, Anm.) sowie „unseres harten Ringens um einen gemeinsamen Weg für Niederösterreich“. Gelernt habe man, „dass nicht alles für Einen, sondern Einigkeit in Vielem wichtig ist“, betonte Mikl-Leitner. Spekulationen über Parallelverhandlungen mit der FPÖ während der Zeit der wochenlangen und letztlich gestoppten Gespräche mit der SPÖ erteilte die Landeshauptfrau eine Absage. Wer meine, „wir hätten diese Situation von Anfang an gemeinsam so geplant“, der sei „nicht ganz bei Trost“, sagte Mikl-Leitner. Die SPÖ hätte die Verhandlungen als „öffentliche Zirkusshow genutzt“.
Empörung
Auf ihrer Seite hatte die FPÖ am Freitag jedenfalls den Überraschungseffekt. Vor allem mit dem Abgang Gottfried Waldhäusls aus der Regierung. Der Freiheitliche wird künftig Zweiter Landtagspräsident. Dazu muss man wissen, dass das Verhältnis zwischen Landbauer und Waldhäusl nicht unbedingt friktionsfrei ist, der Noch-Asyl-Landesrat hatte zudem mit einigen Sagern für bundesweiten Negativ-Schlagzeilen gesorgt, weil er in einer Puls 4-Sendung Schüler mit Migrationshintergrund diskriminiert hatte („Dann wäre Wien noch Wien“).
Offen ist unterdessen noch, welche Agenden dem neuen SPÖ-Chef Sven Hergovich und seiner Parteikollegin Ulrike Königsberger zugeschrieben werden. Am kommenden Montag soll dazu ein Treffen der Klubchefs von ÖVP und SPÖ stattfinden, die wichtigen Agenden sind allerdings schon vergeben.
Drei Tage später wird der neue Landtag angelobt. Zu Beginn steht dabei die Wahl Mikl-Leitners zur Landeshauptfrau an. Die FPÖ wird zwar im Saal bleiben, aber weiß wählen. Mikl-Leitner reicht so eine einfache Mehrheit (über diese verfügt die ÖVP), um in diese Zweck-Ehe zu starten.
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