Die ÖVP liebäugelt mit der Gesamtschule
Ein Paradigmenwechsel kündigt sich an: Aus der ÖVP, die als Garant für den Erhalt des Gymnasiums galt, hört man immer häufiger ganz ungewohnte Töne: Eine gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen sei durchaus vorstellbar.
So überraschte zum Beispiel am Freitag die Vorarlberger Landesrätin Bernadette Mennel (VP) mit dem Vorstoß, dass innerhalb des kommenden Jahrzehnts das Ländle zu einer Modellregion werden soll, in der es keine AHS-Unterstufe mehr gibt.
Von den AHS-Gewerkschaftern hört man zwar nach wie vor, ein klares "Njet" zur Gesamtschule. Doch die Christgewerkschafter, die die Pflichtschullehrer vertreten, sind da reformfreudiger. Ihr Chef Paul Kimberger stellt klar: "Es ist kein Geheimnis, dass ich kein Gegner einer Gemeinsamen Schulen bin."
Modell: Die Gemeinsame Schule in Finnland
Sein Ja zu einer Gemeinsamen Schule knüpft Kimberger allerdings an Bedingungen: "Es muss sichergestellt sein, dass es einen differenzierten Unterricht gibt. Kinder mit Defiziten haben genau so das Recht, gefördert zu werden wie Hochbegabte."
Etikettenschwindel?
Einfach Türschilder auszutauschen reiche nicht. "Es braucht ein neues Konzept, wie eine solche Schule aussehen soll. Und es braucht eine Evaluation der Schulversuche wie etwa einer Modellregion Vorarlberg. Leider wurde die Neue Mittelschule nicht evaluiert, bevor sie flächendeckend eingeführt wurde", kritisiert Kimberger.
Im Ländle wurde am Ende eines Forschungsprojektes jedenfalls genau definiert, was eine gute Schule ausmacht: Eine Pädagogik der Individualisierung und inneren Differenzierung gehören genauso dazu wie die gemeinsame Ausbildung der Lehrer und mehr Schulautonomie sowie Mittel und Personal für Schulen mit besonderen Herausforderungen.
Auch eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern sei nötig, die Schulsprengel müssten neu geordnet werden, und die Schule benötige eine bedarfsgerechte Finanzierung.
Aber können Lehrer überhaupt so unterrichten, dass jedes Kind nach seinem Tempo lernt? Schließlich war Jahrzehnte lang der Frontalunterricht das Maß aller Dinge. Kimberger sieht da kein Problem: "Ich bin sicher, dass die Pädagogen das können. Allerdings nur, wenn sie die nötigen Ressourcen haben."
Auch der oberste AHS-Elternvertreter Theodor Saverschel kann sich eine gemeinsame Schule mittlerweile vorstellen. Nachsatz: "Aber nur, wenn die Schulen die nötigen Ressourcen erhalten. Bei der derzeitigen Budgetlage kann ich mir das aber nur schwer vorstellen."
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