Schulreform: Am Anfang war eine Reportage
Es war die ehemalige AHS-Direktorin Heidi Schrodt, die den damaligen KURIER-Chefredakteur Helmut Brandstätter im März 2016 auf die groben Missstände in den Wiener NMS aufmerksam machte: Das Niveau sinke, die Lehrer seien in einem engen Korsett aus Gesetzen und Verordnungen gefangen und verzweifelten jeden Tag.
Brandstätter bat daraufhin um eine Reportage aus einer Wiener NMS mit einem hohen Ausländeranteil.
Es war Zufall, dass der KURIER – mit Erlaubnis des Stadtschulrates – die NMS in der Gassergasse 44 in Wien- Margareten aufsuchte. Einer Schule, mit einem Anteil an Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache von 98 Prozent. Dort erzählte Direktorin Andrea Walach von ihrem Schulalltag. Ein Drittel ihrer Kinder würden nach der NMS in anderen Schultypen unterkommen, erzählte sie.
Beim nächsten Drittel könne als großer Erfolg verbucht werden, dass die Kinder eine Lehrstelle finden – und diese auch behalten. Nur für das letzte Drittel sei der Weg aus ihrer Erfahrung vorgezeichnet, weil sie „leider nicht vermittelbar“ seien: Ende der Schulpflicht, vergebliche Suche nach einem Lehrplatz, AMS-Kurse, Sozialhilfe, vielleicht ein Leben lang. „Eine verlorene Generation“, nannte sie die Direktorin.
Was folgte, war ein Aufschrei, dass rasch und radikal etwas geändert werden müsse. Die Politik blieb abwartend – nur Walach wurde erlaubt, „autonom“ ihren Schulalltag nach ihren Vorstellungen zu ändern. Sie nahm alle Schüler eines Jahrgangs samt der jeweils zwei Team-Teaching-Pädagogen – und teilte sie in sechs „homogene“ Kleingruppen, in der die Schüler ähnliche Leistungen aufwiesen.
Der Erfolg zeigte sich schon am Ende des folgenden Schuljahres: Von den vierten Klassen sei nur mehr ein einziges Schulkind „nicht vermittelbar“ gewesen. Der Notendurchschnitt und das Verhalten der Kinder verbesserte sich signifikant.
Das „Modell 44“ (nach der Adresse ist der Gassergasse), wie es Walach nennt, soll nun bundesweit umgesetzt werden.
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