schulgschichtn.com: Wie es in den Mittelschulen wirklich zugeht

Hohengasser und Stadler und Peschek (v.li) haben den Blog vor einem Jahr gestartet
Der Blog schulgschichtn.com will einen realistischen Einblick in Schulen mit besonderen Herausforderungen geben.

Das Buch regte sie auf. Als die Lehrerin Susanne Wiesinger „Kulturkampf im Klassenzimmer“ Furore machte, ärgerten sich Verena Hohengasser, Simone Peschek und Felix Stadler:  „Wir hätten auch  viel zu erzählen“. Die drei unterrichten ebenfalls an einer  sogenannten Brennpunktschule –  in Simmering und in Schwechat. Ihr Ärger war so groß, dass sie sich entschlossen haben, einen Blog mit dem Titel  schulgschichtn.com zu starten.

„Wir wollen eine realistische Sicht auf diese Schulen vermitteln und zeigen, dass unsere Arbeit  zwar anstrengend, aber auch schön ist. Mit Negativschlagzeilen hält man  junge Menschen davon ab,  Lehrer zu werden.  Ein Fehler.“

Ihr Schulalltag sei nämlich  alles andere als trist.  „Es gibt hier viele  engagierte Pädagogen und großartige Kinder“, sagt Stadler. Dass es Probleme gebe, wolle sie  nicht verschweigen.   „Wir möchten nicht mit dem Finger auf diese Kinder zeigen. Unser Ziel es, bewusst zu machen, was alles Gutes passiert und welche Lösungsansätze es gibt“, erläutert  Verena Hohengasser.

Deshalb also der Blog. Darin schreiben  sie nicht nur  ihre eigenen  Erlebnisse nieder  – jeder Lehrer, jede Lehrerin kann dort von seinen Erfahrungen berichten.   „Diese Geschichten machen wirklich Mut“, sagt Simone Peschek.

Vollversammlung

Beispiel gefällig? „Einer meiner Lieblingsgeschichten ist die von der Vollversammlung“,  sagt sie. Erzählt wird sie von einer Lehrerin aus Oberösterreich: „Einmal im Monat treffen sich alle Schüler und Lehrer, manchmal sind  auch Eltern dabei. Jeder ist aufgefordert, dem anderen etwas Positives zu sagen. Da dankt die Direktorin zum Beispiel einigen Schülern dafür, dass sie sie so freundlich begrüßt haben. Eine Lehrerin lobt die Kinder, weil sie sich beim Ausflug so gut benommen haben. Und ein Schüler bedankt sich bei zwei anderen für die Freundschaft.“ Diese Form der gegenseitigen Wertschätzung führe dazu, dass man auch schwierige Situationen gut meistern kann, meint die Lehrerin. Auch deshalb mache ihre Arbeit nach 30 Berufsjahren noch Freude.

Statt Gewalt

Ein weiteres beeindruckendes Beispiel sei  die Geschichte, wie in einer Wiener Mittelschule mit dem Thema Gewalt umgegangen wurde: „Die Lehrer einer ersten Klasse haben gemerkt, dass sie das Problem nicht alleine lösen können und haben sich Hilfe in Form von Mediation geholt. „Die Schüler haben dadurch gelernt, ihre Konflikte großteils selbstständig zu lösen.“

Doch nicht nur durch ihren Blog wollen die drei etwas bewirken.  „Wir wollen den Unterschied ausmachen“, sagen die drei unisono. „Unser Ziel ist es, dass die Schüler Selbstvertrauen erlangen, dass sie wissbegierig werden und einmal ein selbstbestimmtes Leben führen können.“

Raus aus dem Haus

Wie das gelingt? „Wir sind viel mit den Kindern zusammen und machen  Projekte innerhalb und außerhalb des Schulgebäudes.“ So studieren  sie in Simmering jetzt mit den Schülern ein Theaterstück ein, bei dem die Jugendlichen selbst den Text schreiben. „Auf diese Weise lernen sie selbstständiges  Denken und  Mitbestimmung – natürlich immer nur in einem vorgegebenen Rahmen“, sagt Peschek.

Doch bei aller Unterstützung, die die Lehrer geben können. „Manchmal sind auch wir mit unserem Latein am Ende.“ Etwa dann, wenn sie erzählen, dass sie in der U-Bahn angepöbelt werden, nur weil sie anderes aussehen als andere. „Was rät man da? Ich weiß es nicht“, so Hohengasser ratlos.

 

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