Schule: Heinisch-Hosek erwägt Testregionen

Heinisch-Hosek: "Das Vertrauen ist noch nicht so da".
Umfassende Selbstbestimmung: Die Ministerin will sich am Modell der Niederlande orientieren.

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek kann sich Testregionen für Modellversuche zur Ausweitung der Schulautonomie in Österreich vorstellen. Dabei könne man viel vom niederländischen Modell lernen, so die Ministerin im Rahmen einer Reise mit den Bildungssprechern der Parlamentsparteien nach Den Haag und Utrecht vor Journalisten.

Die weitgehende Übertragung von Entscheidungsbefugnissen bei der Verwendung des Schulbudgets, der Ausgestaltung der pädagogischen Arbeit oder der Auswahl der Lehrer an die einzelnen Schulen könne aber nur erfolgreich sein, wenn es gelingt, eine "Vertrauenskultur" zu entwickeln. Das und die durchgängig gelebte Eigenverantwortung sei in den Niederlanden, dessen Bildungssystem völlig anders organisiert sei, spürbar. Im Gegensatz dazu gebe es im heimischen Bildungssystem noch starke, historisch gewachsene hierarchische Strukturen. "Das Vertrauen ist daher noch nicht so da", erklärte Heinisch-Hosek.

Niederlande im Vergleich top

Tatsächlich steht es in den Niederlanden per Grundgesetz jedem offen, Bildung zu vermitteln und eine Schule zu gründen. Der Staat, respektive das Bildungsministerium, ist dazu verpflichtet, das Geld für eine solche Initiative bereitzustellen. Vonseiten des Ministeriums gibt es neben dem Geld lediglich sehr allgemein formulierte Kernziele und einen gesetzlichen Rahmen, innerhalb dessen ein Schulbetreiber, genannt "Schulrat", agieren darf. Die Umsetzung der Lehrinhalte liegt aber komplett in der Verantwortung der Schulbetreiber. Ein direktes Eingreifen von Behörden in Schulbelange ist nahezu unmöglich, trotzdem schneiden die Niederlande in internationalen Vergleichsstudien meist gut ab.

Um zu verhindern, dass diese äußerst autonomen Schulen ihre Bildungsaufgaben nicht ausreichend erfüllen, werden einerseits am Ende der wahlweise ab vier oder fünf Jahren beginnenden und mit zwölf Jahren endenden Primarstufe (vergleichbar mit der Volksschule in Österreich) und in der in sieben verschiedene Schultypen stark aufgefächerten Sekundarstufe alle Schüler zentral getestet. Anhand der Testdaten und weiterer Informationen, die die Schulen dem Unterrichtsinspektorat bereitstellen, lässt sich ablesen, welches Bildungsniveau jede Schule des Landes erreicht. So können schwache und sehr schwache Schulen identifiziert werden. Die Ergebnisse der Tests und Inspektionen werden den Schulen rückgemeldet und sind öffentlich einsehbar.

Stark entwickelte Testkultur

Heinisch-Hosek zeigte sich von der stark entwickelten Testkultur und dem damit einhergehenden Bekenntnis zur evidenzbasierten Schulentwicklung angetan. Die Ministerin würde sich auch mehr Spielraum für heimische Schulen bei der Auswahl der Lehrer wünschen, mahnt aber zur Vorsicht: Ein relativ ungeregelter Arbeitsmarkt für Pädagogen bringe auch Nachteile mit sich, wenn etwa Druck auf ältere und damit teurere Lehrer steige oder die Fluktuation im Lehrerzimmer sehr groß wird. Man müsse darauf achten, dass durch mehr Autonomie möglichst keine Gruppe benachteiligt wird. Auch das habe der Besuch in den Niederlanden gezeigt.

Erproben könne man Modelle zur stärkeren Selbstbestimmung in Österreich etwa im Rahmen regionaler Versuche, meinte Heinisch-Hosek. Angelehnt an das niederländische System der Schulfinanzierung kann sie sich dort die Staffelung von Schulbudgets anhand mehrerer Indikatoren zum sozioökonomischen Hintergrund der Schüler vorstellen. In solche Projekte könnte für zwei bis drei Jahre auch mehr Geld fließen.

Auffallend seien die durchwegs erstaunten Reaktionen in den Niederlanden auf die frühe Auffächerung im heimischen Schulsystem bereits mit zehn Jahren gewesen. Ein Übergang mit zwölf Jahren wie in Holland wäre für Heinisch-Hosek zwar "ein Fortschritt", sie strebe aber weiter ein gemeinsame Schule bis 14 Jahre an, erklärte die Ministerin.

Kommentare