Schramböck: "Wir sparen eine Million Arbeitsstunden im Amt"
KURIER: Seit Dienstag ist das Digitale Amt online. Lief der Start von www.oesterreich.gv.at ohne technische Komplikationen ab?
Margarete Schramböck: Die Resonanz ist überwiegend positiv und offensichtlich gibt es Nachfrage für digitale Amtswege. Das zeigen die 18.000 registrierten User und 880 Wahlkarten, die seit Dienstag bereits beantragt wurden. Wie bei jedem IT-Projekt gibt es zu Beginn auch Punkte, die nicht so gut geklappt haben.
Was hat nicht geklappt?
Das sind oft externe Faktoren, die wir nicht beeinflussen können – so ist etwa ein globaler Server für den App-Store stundenlang ausgefallen. In Einzelfällen haben wir auch Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern zu technischen Details bekommen, die wir natürlich anhören.
Jedes Feedback ist wertvoll, weil es uns dabei hilft, unser Service permanent weiterzuentwickeln. Wir haben nicht einfach eine App gebaut, wir ändern gerade die Kultur und Arbeitsweise der Verwaltung. Vom Amtsweg zum Klick. Angesichts dieser Dimension bin ich sehr zufrieden.
23 Prozent der Österreicher fühlen sich unzureichend über die Online-Angebote informiert. Ab sofort kann sich jeder User via Mona (Mein Online-Amt) helfen lassen. Mit wie viel Interaktionen via Mona rechnen Sie im ersten Quartal?
Das ist schwer abschätzbar, weil die Verwaltung noch nie so ein Service angeboten hat. Wir haben seit dem Start am Dienstagabend bereits rund 5.000 Chats mit weit mehr als 12.000 Fragen über Mona gehabt. Das Service ist im ersten Schritt darauf trainiert, Antworten zu Fragen zur Anmeldung in der App, zur Handy- Signatur und zum Thema Reisepass zu geben.
Wir werden Mona laufend mit weiteren Themen und Fragestellungen – und natürlich den richtigen Antworten – „füttern“. Die Künstliche Intelligenz kann hier in Sekunden tausende Informationen durchforsten, um die passende Antwort zu geben. Mona bleibt immer freundlich und kennt keine Öffnungszeiten oder Warteschlangen.
Viele, vor allem Ältere, erledigen ihre Bankgeschäfte noch analog, sind mit Technologien wie Smartphones überfordert. Wie wollen Sie Pensionisten für das digitale Amt begeistern?
Technik überzeugt durch Nutzen. Die Kunden, in dem Fall die Bürgerinnen und Bürger, müssen einen Mehrwert und eine Erleichterung spüren. Wir starten jetzt einmal mit den ersten Amtswegen und fokussieren uns auf jene, die bereits im privaten Bereich mobile Angebote nutzen.
Wir haben rund 1,1 Millionen Nutzer der Handy-Signatur und ich hoffe, dass es rund um die EU-Wahl noch mehr werden. Wir werden zu Beginn nicht alle Menschen für mobile Amtswege begeistern können und das ist okay, schließlich steht die Wahlfreiheit über allem.
Je mehr Amtswege wir zur Verfügung stellen, umso nützlicher ist das gerade für die ältere Generation, für die der klassische Gang auf das Amt ja deutlich beschwerlicher ist als für die Jungen. Natürlich braucht es dafür die entsprechenden Kompetenzen, deshalb führen wir Seniorentrainings in ganz Österreich durch und nehmen die App bei diesen Weiterbildungsprogrammen auf.
Ab wann wird das digitale Amt das klassische vollständig ersetzt haben?
Das ist für mich nicht das Ziel. Die entscheidende Frage ist, welche Amtswege können die Bürger bequem von zu Hause aus erledigen und wo braucht es mehr Beratung und individuelle Problemlösungen. Wer will, kann nach wie vor persönlich auf die Behörde kommen.
Technik soll das Leben der Menschen erleichtern. Mit den Amtswegen, die wir noch bis Jahresende umsetzen, können wir eine Million Amtsstunden pro Jahr für die Menschen einsparen. Durch die Digitalisierung schenken wir das Wertvollste, nämlich Zeit.
Neben Praktikabilität der Technik spielt die Psychologie der User eine große Rolle. Die Angst vor Datenmissbrauch ist groß – viele sind skeptisch, was das Preisgeben von persönlichen Daten betrifft. Welche Schutzmaßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen wurden für das digitale Amt getroffen?
Sicherheit steht bei uns an oberster Stelle. Deshalb vertrauen wir auf die Expertise des Bundesrechenzentrums, nutzen die Anmeldung über Handysignatur und Fingerabdruck (Touch ID) oder Gesichtserkennung (Face-ID) und setzen auf dezentrale Daten. Wer das Handy verliert, muss keine Angst haben, die Daten liegen in den einzelnen Registern und Behörden.
Das ist ein großer Unterschied zu anderen Ländern, die deswegen bei der Umsetzung noch nicht so weit sind. Wie bei allen Technologien kann und will ich die Nutzer nicht vollkommen aus der Eigenverantwortung entlassen. Das reicht vom sicheren Passwort bis zur korrekten Eingabe des Kindernamens im digitalen Babypoint. Der digitale Raum ist kein rechtsfreier Raum, jeder Behördengang in unserem System ist wie ein Amtsweg in der realen Welt.
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