Es dauert zu lange, das hören wir in den Rückmeldungen. Deshalb müssen wir arbeitsteilig arbeiten, und jeder macht das, was er am besten kann. Das Finanzamt wickelt die Steuerstundungen ab, das sind bereits 160.000 Fälle mit insgesamt 1,4 Milliarden Euro. Das AWS (Austria Wirtschaftsservice) hat schon 6.000 Garantien für ein Kreditvolumen von
1,1 Milliarden genehmigt. Und die Wirtschaftskammer hat auch früher schon Aufgaben für den Bund übernommen.
In einem gemeinsamen offenen Brief mit Finanzminister Blümel an die
EU-Kommission wünschen Sie sich weniger Bürokratie, damit österreichischen Betrieben besser geholfen werden kann. Was genau ist das Problem?
Wir müssen für jede Form neuer Beihilfen um Genehmigung bei der Europäischen Kommission ansuchen. Das verzögert den Prozess. Wir sind eines von nur drei Ländern in Europa, das die Möglichkeit nutzt, 100-Prozent-Garantien für die Kredite von Klein- und Mittelbetrieben zu geben. Das sollte eigentlich breiter sein in Europa. Wir können derzeit aus EU-rechtlichen Gründen nicht mehr als 500.000 Euro genehmigen. Unser Anliegen ist, in dieser
Krise flexibler und schneller sein zu können.
Nur gesunde Unternehmen werden gerettet. Wird es – zynisch gesprochen – eine Flurbereinigung geben?
Nein, dafür ist kein Platz. Die österreichische Wirtschaft war ja gut unterwegs. Wenn ein Unternehmen schon vor der Krise massive Probleme hatte, dann schreibt die
EU vor, dass man keine Garantien geben darf. Daher unser Plädoyer an die EU, hier mehr als bisher möglich zu helfen.
Es wird spekuliert, dass es im Juni eine zweite Covid-Ansteckungswelle geben könnte. Was passiert dann? Einen zweiten Shutdown hält die Wirtschaft nicht aus.
Deswegen ist es wichtig, die gesundheitlichen Vorschriften einzuhalten. Wir haben deshalb so niedrige Zahlen, weil sich die Bevölkerung an die Regeln gehalten und so Tote verhindert hat. Ein großes Danke dafür. Es könnte eine zweite Welle geben, wie wir es jetzt in Singapur sehen. Ein unkontrollierter Rückschlag wäre das Schlimmste. Daher bin ich auch für nur schrittweise Öffnung.
Wird es nach dieser Krise ein Programm zur Wirtschaftsankurbelung geben – auch steuerlich? Man könnte zum Beispiel die Abschreibung für Abnutzung (AfA) verkürzen, um auch private Bau-Investitionen ankurbeln.
Ja, absolut. Jetzt geht es einmal um Liquidität und Arbeitsplatzsicherung. Danach wird es ein
Konjunkturpaket brauchen. Zum Beispiel sind Infrastrukturinvestitionen wichtig. Auch der Konsum soll gefördert werden.
Wie wird das alles finanziert? Die Grünen denken schon laut über eine Erbschaftssteuer nach.
Mehr Steuern sind nicht die Lösung. Aber es geht nicht um Einzelmaßnahmen, und zunächst geht es einmal darum, die Wirtschaft wieder anzukurbeln.
Sie sind auch Digitalisierungsministerin. Gab es einen Schub durch die Krise?
Vor fünf Wochen hätten wir uns nicht eine derartig breite Anwendung von Homeschooling und Homeworking vorstellen können. Natürlich sind dadurch auch Mängel sichtbar geworden. Etwa im elektronischen Handel. Daher haben wir dafür auch eine Plattform als eine Art Marktplatz für Anbieter geschaffen.
Sie planen ein Investitionsschutzgesetz. Wer soll vor wem geschützt werden?
Wir waren in
Europa in den letzten Jahren naiv. Ich erinnere nur an den Verkauf der deutschen Industrie-Roboterfirma KUKLA an asiatische Eigentümer. Auch in der IT-Branche sind viele europäische Firmen verschwunden. Ein weiterer Ausverkauf muss verhindert werden, der passieren könnte, weil die europäischen Firmen geschwächt sind. Es geht um Sicherung der Arbeitsplätze und um Erhalt der Innovation.
Wann kommt das Gesetz?
Noch im ersten Halbjahr. Eine weitere Lehre aus der Krise ist, dass wir auch die Produktion hier brauchen. Mit Forschung und Entwicklung sind immerhin die innovativen Teile bereits in Österreich und in Europa. Das gilt im Übrigen auch für Halbleiter. Siehe Infineon, die ein großes Investment in Österreich getätigt haben.
Welche Firmen profitieren von der Krise?
Das Gesundheitswesen. In Europa werden viele der hochwertigen Beatmungsgeräte hergestellt, vor allem in Deutschland. Da ist nun auch die EU-Kommission wachgerüttelt. Wir brauchen ein neues Wettbewerbsrecht, um die EU gegenüber Asien und den USA zu stärken.
Gibt’s auch etwas Positives in der Krise?
Ein neuer Zusammenhalt. Unternehmen helfen einander gegenseitig. Gemeinsam werden wir es schaffen, aus dieser Phase herauszukommen, Österreich hoffentlich schneller als andere Länder.
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