Schengen-Veto: Nehammer sucht nach Lösung für Kroatien
"Es ist in Wirklichkeit eine Abrechnung zwischen einigen EU-Mitgliedern auf Kosten Kroatiens." Staatspräsident Zoran Milanović ist nicht gerade erfreut darüber, dass sein Land zum Faustpfand dafür wird, dass die EU in der Flüchtlingsfrage keine Linie finden kann. Dennoch will er es nicht akzeptieren, dass Kroatien deswegen nicht am 1. Jänner dem Schengen-Raum beitreten kann.
Genauso wollen auch Bulgarien und Rumänien in diesen Verbund an Staaten, der innerhalb der europäischen Außengrenzen eine Reisefreiheit ohne Grenzkontrollen ermöglichen müsste. Die EU-Kommission hat den drei Balkanstaaten angekündigt, dass sie willkommen sind. Die Veto-Drohung von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) lässt das Erweiterungsprojekt aber wieder wackeln.
Karner hatte vergangenen Freitag die Veto-Drohung erstmals in den Mund genommen. Seither gibt es international hektische Gespräche. Kroatiens Innenminister Davor Božinović versicherte, dass sein Land den Schengen-Raum sicherer machen würde: "In den vergangenen Tagen hat Österreich mehrfach erklärt, dass sich seine Sorgen nicht auf ein einzelnes Land beziehen, sondern auf das Funktionieren des Schengen-Raums. Unser Argument in diesem Zusammenhang ist, dass Schengen nur mit Kroatien als Mitglied stärker werden kann."
Verwirrung um Kanzler-Ansage
Aufhorchen ließ am Dienstag Bundeskanzler Karl Nehammer, als er in Kärnten zur Veto-Drohung sagte: "Aus Kroatien spüren wir kaum einen Migrationsdruck in den Norden. Da Kroatien den Grenzschutz vorbildlich erfüllt, sehe ich da kein Problem." Das wurde so gedeutet, als habe sich Nehammer von der Veto-Drohung seines Innenministers entfernt. Tatsächlich erklärte er gegenüber der APA, dass er zu den Worten von Karner stehe und dass die Ausweitung des Schengen-Gebietes "ein falsches Signal" wäre. Nehammer: "Ein Europa ohne Grenzen nach innen funktioniert nur mit starken Grenzen nach außen."
Ein möglicher Ausweg wäre, dass am 8. Dezember einzeln darüber abgestimmt wird, welcher der drei Staaten dem Schengen-Raum beitreten kann und welcher nicht. In der Vorwoche war dazu von der tschechischen Ratspräsidentschaft verlautbart worden, dass über die drei Balkanstaaten nur im Block abgestimmt werden kann. Jetzt hört man im Hintergrund, dass darum gerungen wird, einzeln abzustimmen. Innenminister Gerhard Karner ist diesbezüglich im dauernden Kontakt mit den Tschechen.
Kanzler Karl Nehammer reist am Mittwoch nach Kroatien und trifft dort mit der Führungsspitze des Staates zusammen. Kroatiens Staatspräsident Milanović hat angekündigt, dass er sich bei Nehammer dafür einsetzen wird, dass der 1. Jänner als Beitrittstermin hält.
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