"Eine Sauerei": Harte Kritik an Kogler wegen Corona-Hilfen

Man könnte den Eindruck bekommen, das Kapitel "Corona-Hilfen" wäre so gut wie abgeschlossen. Die Covid-19-Finanzierungsagentur COFAG soll ja bis Jahresende aufgelöst werden und bis Ende Juni soll noch offene Förderanträge abarbeiten. Bisher überwies die COFAG rund 15 Milliarden Euro an Unternehmen.
Eine wichtige Frage ist aber weiterhin offen. Im Frühjahr 2023 wurden sämtliche Auszahlungen gestoppt, Grund waren zwei fehlerhafte Verordnungen des Finanzministeriums (BMF). Ein Fehler betraf eine zu hohe „Konzernobergrenze“: Unternehmensverbünde, also Konzerne mit mehreren Filialen, konnten höhere Hilfen beantragen als von der EU vorgesehen.
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In Absprache mit der EU-Kommission könnten die betroffenen Fälle seit August eigentlich abgearbeitet werden. Doch dafür braucht es auch eine politische Einigung zwischen Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).
430 Millionen Euro werden blockiert
Genau diese fehlt laut BMF im Zusammenhang mit 161 Unternehmensverbünde, die sich auf 965 Betriebe aufteilen, nach wie vor. Es geht um 430 Millionen Euro an Hilfsgeldern, die derzeit nicht fließen können.
Zu den betroffenen Betrieben gehört der Fitnessstudiobetreiber Fit Fabrik, der in Österreich 18 Standorte und acht GmbHs hat. Laut Geschäftsführer und Eigentümer Michael Zrost wartet man immer noch auf Corona-Hilfen im niedrigen, einstelligen Millionenbereich. Sie wurden damals auf Basis der bestehenden Verordnungen samt Ergänzungsgutachten richtig beantragt, von der COFAG geprüft und genehmigt.
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"Die Situation ist untragbar"
Auf einen Teil der Hilfen wartet die Fit Fabrik seit rund zwei Jahren. „Die Situation ist untragbar, eine Sauerei“, sagt Zrost zum KURIER. „Hier wird ein politischer Streit auf dem Rücken der Unternehmer ausgetragen. Der Vizekanzler ist offensichtlich bereit, mit seiner ideologisch motivierten Blockade Unternehmen sterben zu lassen. Es hakt nur noch an Werner Kogler, er muss die Verordnung unterschreiben.“
Zrost geht nach wie vor davon aus, dass sich ÖVP und Grüne einigen: „Irgendwann müssen sie ja Verantwortung übernehmen.“ Er hofft auf eine zeitnahe Lösung. Die Lage sei „ernst“, mehrere hunderte Betriebe fühlten sich im Stich gelassen, betont Zrost. Vizekanzleramt, Finanzministerium und Wirtschaftskammer hätten sich bisher nicht bei ihm gemeldet oder gar Hilfe angeboten: „Offensichtlich wollen die alle in Ruhe gelassen werden.“
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FPÖ kritisiert Türkis-Grün, Brunner kritisiert Kogler
Fließen die ursprünglich zugesagten Gelder nicht mehr, bleibt den Betrieben noch die Option, dagegen zu klagen. Unter anderem werden Amtshaftungsklagen gegen die Republik angestrebt. "Es geht nicht an, dass Unternehmen nach dem durch fehlerhafte Verordnungen erzwungenen Auszahlungsstopp nun schon fast ein Jahr lang auf rund 500 Millionen Euro warten müssen", kritisiert FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker Türkis-Grün und spricht von einer "Farce". Die FPÖ bringt am Mittwoch eine parlamentarische Anfrage bei Brunner ein (siehe Infobox). Darin geht es unter anderem um die "unfassbar lange Zeit" für die Reparatur der Verordnung, aber auch um die Klagen.
Während das Vizekanzleramt das Thema nicht kommentierte, kritisierte auch Brunner zuletzt Kogler deutlich: "Obwohl es eine EU-konforme Möglichkeit gibt – das BMF hat mit der EU-Kommission eine Einigung über diese Richtlinie gefunden – verweigert der Koalitionspartner die Zustimmung zu dieser Lösung." Offenbar sei es für die Grünen schwierig, über Unternehmenshilfen zu sprechen, so Brunner.
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- Warum wurden die betreffenden Verordnungen nicht EU-rechtskonform erlassen?
- Wie viele Unternehmen bzw. Unternehmensverbünde warten aufgrund der nach wie vor nicht reparierten Verordnung bis heute auf ihnen zustehende Entschädigungszahlungen der COFAG?
- Wie viele der betroffenen Unternehmen bzw. Unternehmensverbünde haben während dieser Wartezeit bereits Insolvenz anmelden müssen?
- Wie viel an Entschädigungen haben die betroffenen Unternehmen insgesamt aus anderen Instrumenten durch die COFAG erhalten? (Bitte um Aufschlüsselung nach konkreten „Hilfsinstrumenten“.)
- Wie viele der betroffenen Unternehmen bzw. Unternehmensverbünde haben bereits Amtshaftungsklagen gegen die Republik eingebracht?
- Wie viele dieser Klagen sind bereits gerichtsanhängig?
- Wie gedenkt das BMF, auf diese Amtshaftungsklagen zu reagieren?
- Welche anderen Rechtsmittel wurden von den betroffenen Unternehmen ergriffen?
- Zu wie vielen gerichtsanhängigen Verfahren ist es dadurch bereits gekommen?
- Welche Kosten entstanden der COFAG bereits durch Amtshaftungsklagen bzw. sonstige Rechtsmittel, die betroffene Unternehmen ergriffen haben?
- Besteht die Gefahr, dass die nach wie vor fehlende Regelung für die Auszahlung von rund 430 Millionen Euro den Zeitplan für die Abwicklung der COFAG, der die Bearbeitung von Förderanträgen bis 30. Juni 2024 vorsieht, verzögern könnte?
- Bis wann muss die fehlende Verordnung in Kraft treten, damit der anvisierte Zeitplan eingehalten werden kann?
- Mit welchen zusätzlichen Kosten ist pro Monat zu rechnen, um den sich die Abwicklung der COFAG gegenüber dem aktuellen Zeitplan verzögert?
- Wie rechtfertigen Sie die unfassbar lange Zeit, welche die Reparatur der EU-rechtwidrigen Verordnung in Anspruch nimmt, gegenüber den betroffenen Unternehmen?
- Ist vorgesehen, für die Dauer der Verzögerung Verzugszinsen zu bezahlen? Wenn ja, in welcher Höhe?
- Wenn ja, in welcher Höhe?
- Welche Gründe sind dafür ausschlaggebend, dass eine Reparatur der für die Auszahlung nötigen Verordnung bis heute nicht erfolgt ist?
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