Sanfter Kurswechsel der ÖVP bei ÖBB

Kern, Stöger, Mitterlehner: Der Ton in Sachen ÖBB wurde sachlicher
Der ÖVP-Vizekanzler Mitterlehner macht Schluss mit dem platten Bahn-Bashing der Vorgänger.

Es ist nicht lange her, da war es für Spitzenfunktionäre der Volkspartei durchaus nicht ungewöhnlich, wenn sie hart mit den Bundesbahnen ins Gericht gingen. Die ÖBB seien ein lästiger "Kostentreiber" im Bundesbudget, sie würden sich mit Reformen (Dienstrecht, Pensionen, etc.) zu viel Zeit lassen – zum Schaden der Steuerzahler.

So sprach ÖVP-Chef Michael Spindelegger bis kurz vor seinem Rücktritt.

Rhetorische Wertschätzung? Die gab’s kaum, nicht auf dieser Ebene.

Mit dem Personalwechsel im ÖVP-Regierungsteam wurde die Sprache in Richtung ÖBB hörbar anders, man könnte auch sagen: professionalisiert.

Denn die Art und Weise, wie Vizekanzler Reinhold Mitterlehner am Freitag bei der Eröffnung des neuen Wiener Hauptbahnhofes über das Unternehmen sprach, war in vieler Hinsicht bemerkenswert.

"Es ist eine Unterstellung, dass die ÖVP die ÖBB nicht mögen", sagte Mitterlehner. "Wir mögen die ÖBB sehr wohl und fahren auch gerne mit der Bahn." Als der Wirtschaftsminister dann auch noch ÖBB-Boss Christian Kern und dessen Team lobte, kam der Bahn-Chef nicht umhin zu sagen: "Ich bin jetzt ungefähr so rot wie unser Logo. Damit habe ich nicht gerechnet, herzlichen Dank."

Tatsächlich kam Mitterlehners Charme-Offensive überraschend.

Bundespräsident Heinz Fischer etwa wertete das Lob als Indiz für die neue, verbesserte Atmosphäre im Regierungsteam (siehe Interview Sonntag-KURIER).

Und auch in den Reihen der ÖBB bestätigt man, dass Kern an jenem Freitag staunte. "Wir waren wirklich überrascht über Mitterlehners Lob. Das ging weit über all die Freundlichkeiten hinaus, die man bei solchen Anlässen schon allein aus Höflichkeit zum Besten gibt", erzählt ein ÖBB-Insider.

In der ÖVP-Spitze ist man um eine differenzierte Darstellung bemüht: Die ÖBB seien wirtschaftspolitisch einfach ein Faktor, allein deshalb habe man sich um einen fairen Umgang zu bemühen. "Das bedeutet aber auch, dass wir weiter dafür eintreten, dass die ÖBB effizient arbeiten", sagt ein VP-Stratege.

In den Bundesbahnen und der SPÖ sieht man die Sache ähnlich: Das platte ÖBB-Bashing sei in der ÖVP zuletzt zwar von prominenten, dennoch aber nur von wenigen ÖVP-Protagonisten gekommen. Mitgliederstarke Landesgruppen oder auch die ÖVP-Landeshauptleute hätten, so heißt es im Umfeld von Christian Kern, auf allzu geharnischte ÖBB-Kritik weitgehend verzichtet.

Die "Oberösterreicher-Connection" – Mitterlehner und Neo-Infrastruktur-Minister Alois Stöger sind Landsleute – spielt beim neuen Stil übrigens nur eine untergeordnete Rolle.

Und in der SPÖ wartet man vorerst ab: "Wir registrieren Mitterlehners ÖBB-Kurs sehr wohl", sagt ein Kanzler-Berater. "Aber bestätigt wird die ausgesprochene Wertschätzung der ÖVP für die ÖBB erst, wenn die nächsten Budgets verhandelt werden."

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