Rotes Desaster, Schwarze vorn, Grüne im Hoch

Wilfried Haslauer, top candidate of conservative People's Party (OeVP), walks to cast his ballot during regional parliament elections in Salzburg May 5, 2013. REUTERS/Dominic Ebenbichler (AUSTRIA - Tags: POLITICS ELECTIONS)
Burgstaller geht, Haslauer wird Landeshauptmann. Die Grünen legen zu wie nie. Mit wem die ÖVP regieren wird, ist offen.

Die neunjährige rote Regentschaft ist beendet. Gabi Burgstaller ist seit Sonntag Landeshauptfrau a. D. – nach einem Kapitalabsturz der SPÖ in Salzburg. 15,6 Prozent haben die Genossen verloren – so viel wie nie zuvor bei einer Wahl. Der Finanz-Skandal, der im Dezember publik geworden war, wurde ihnen zum Verhängnis. Und so macht Burgstaller das, was sie angekündigt hat – für den Fall, dass ihre Partei nur Rang 2 erreicht: „Ich werde mich aus der Politik zurückziehen.“

Die ÖVP von Wilfried Haslauer hat zwar auch viele Stimmen eingebüßt, sie liegt im bürgerlichen Bundesland mit 29 Prozent aber nun wieder auf Platz 1.

Auf 20,2 Prozent, damit enorm zugelegt haben die Grünen. Es ist das beste Wahlergebnis ihrer Geschichte.

Leicht dazugewonnen hat die FPÖ – Balsam für die Blauen nach den Niederlagen in Kärnten (dramatisch), Niederösterreich und Tirol. Der größte FPÖ-Konkurrent, das „Team Stronach“, hat in Salzburg geschafft, was ihm vor einer Woche in Tirol von den Wählern verwehrt worden ist: Sitze im Landesparlament. Drei sind es geworden.

Wählen gegangen sind mit rund 70,8 Prozent etwas weniger Salzburger als zuletzt, im Jahr 2008. Damals waren es 74,36 Prozent.

Dreier mit Stronach?

Wer regiert fortan das Mozart-Land? Der Landeshauptmann-Sessel wird – nach Jahren – familiär weitergereicht: Wilfried Haslauer wird ihn besetzen. In Sachen Koalition sagte er: „Ich werde mit allen Parteien sprechen, den Gepflogenheiten entsprechend – mit der Nummer zwei, mit der Nummer drei.“ Will die SPÖ überhaupt mit dem ungeliebten Haslauer, der wegen der Spekulationsmalaise auf die vorzeitige Wahl gedrängt hat, regieren? Burgstaller empfiehlt das den Parteifreunden; auch SPÖ-Landeshauptmann-Vize Walter Stöckl rät dazu.

ÖVP-Spitzen liebäugeln freilich mit Schwarz-Grün. Etwa ÖAAB-Chef Christian Stöckl. Vorerst ist das Theorie: Die beiden Parteien haben keine Mehrheit im 36-köpfigen Landtag. Eine solche hat die ÖVP mit der SPÖ – mit 20 Mandaten. In Summe sind das zehn Sitze weniger, als die beiden bisher hatten.

Wie wäre es mit einem Dreier von Schwarz, Grün und dem „Team Stronach“? „Alle Kombination sind möglich. Ich schließe nichts aus“, sagte Haslauer.

Die Bundesparteien deuteten das jeweilige Resultat unterschiedlich. „In einer guten Serie“ sieht ÖVP-Obmann Michael Spindelegger die ÖVP ob der Landtagswahl-Ergebnisse in diesem Jahr. „Das gibt auch Auftrieb für die Nationalratswahl.“

SPÖ-Kanzler Werner Faymann wollte keinen Trend für den Bund erkennen: „Landtagswahlen sind Landtagswahlen.“ Das SPÖ-Desaster führt er auf die Finanz-Affäre zurück: „Den Ersten trifft’s halt am stärksten, aber mit Steuergeld spekuliert man nicht.“ Dennoch sagte er: „Ich habe großen Respekt vor den Leistungen Gabi Burgstallers in ihren neun Jahren als Landeshauptfrau.“

So trist die Stimmung der Roten war, so euphorisch war sie bei den Grünen. Frontfrau Eva Glawischnig tat kund: „Ich habe noch nie im Leben einen so schönen Wahlabend erlebt.“ Puncto Regierungsbeteiligung in Salzburg sei „noch alles offen“. Für die Nationalratswahl ortet Glawischnig nicht nur Rückenwind, sondern „fast schon einen Sturm“.

Strache triumphiert

Der krisengebeutelte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache urteilte: „Unser Resultat zeigt, wie man mit regionalen Inhalten und Persönlichkeiten Erfolg haben kann.“ Den sieht er schon für sich bei der Wahl im Herbst: „Nach dem heutigen Ergebnis schlägt die letzte Stunde von Kanzler Faymann.“ Stronachs Klubchef Robert Lugar vermied derlei Prognosen. Er sagte lediglich: Die acht Prozent in Salzburg seien „Auftrag. Wir gehen nun mit Elan in Richtung Nationalratswahl.“

Wählen gegangen sind mit rund 70,8 Prozent etwas weniger Salzburger als zuletzt, im Jahr 2008. Mehr zu den Wahlmotiven lesen Sie hier.

Niemand hat Mitleid mit Politikern. Heutzutage erst recht nicht. Das hätte Gabi Burgstaller wissen müssen. Ihr tränenreicher Auftritt im Landtag war unpassend, der ernste Blick auf den Wahlplakaten nach innen gerichtet und das Interview im FORMAT über einen baldigen Abschied nach einem Wahlerfolg bestenfalls missverständlich („In zwei Jahren kann man viel erreichen“). Gabi Burgstaller war eine gute Landeshauptfrau für Sonnentage. Aber die Krise, für die vor allem sie selbst und ihr Landesrat Brenner politisch verantwortlich sind, hat aus einer Zukunftshoffnung eine tragische Figur gemacht. Die erste Landeshauptfrau Salzburgs hat in ihren neun Regierungsjahren fast 22 Prozentpunkte verloren.

Aus Wilfried Haslauer junior wird jetzt mit 57 Jahren Wilfried Haslauer der Zweite. Vater Haslauer trat 1989 zurück, weil er die bisherige absolute Mehrheit mit 44 Prozent deutlich verfehlte, sein Sohn wird mit knapp 30 Prozent die neue Regierung bilden. Immerhin hatte der Salzburger ÖVP-Chef das richtige Gespür, als er auf Neuwahlen drängte. Dass auch seine Partei verlieren würde, musste er wissen. Aber in solchen Zeiten kann es plötzlich ein Vorteil sein, als etwas langweilig und wenig charismatisch zu gelten.

Vom Finanzskandal konnte die Opposition nur profitieren, wobei die Grünen zur Aufklärung im Ausschuss des Landtages deutlich mehr beitrugen als die FPÖ und dafür mit einem historisch hohen Ergebnis belohnt wurden. Für den neuen Landeshauptmann Haslauer wären die Grünen auch der interessantere Koalitionspartner. Mit der FPÖ ginge sich ohnehin keine Regierung aus. FPÖ-Chef Karl Schnell hat sich wenige Tage vor der Wahl noch mit dem Schwachsinn von der „Umvolkung“ unmöglich gemacht und nur wenig zugelegt. Diese blöden Sprüche ziehen – hoffentlich – nicht mehr. Frank Stronach musste auch in Salzburg lernen, dass viel Geld und ein ehemaliger Promi (Otto Konrad) zwar den Einzug in den Landtag sichern, mehr aber auch nicht.

Was heißt das jetzt für die Bundespolitik? Die ÖVP hat trotz Verlusten die Führung in einem konservativ geprägten Land zurückgewonnen. Das ist noch nicht „das Jahr der ÖVP“, wie die Schwarzen gerne sagen. Aber Michael Spindelegger profitiert davon, dass unter seiner Führung eine Volksbefragung und ein Landeshauptmann gewonnen wurden. Das motiviert vor allem die Funktionäre, die bei den beiden schrumpfenden Volksparteien noch immer eine große Rolle spielen. Umgekehrt wird es in der SPÖ ein „Sudern“ geben. Da ist zu erwarten, dass die Führung durch deutlichere Auftritte, vielleicht radikalere Forderungen versuchen wird, die Kernschichten anzusprechen.

Aber auch nach den Landtagswahlen dieses Frühlings bleibt den Wählern im Herbst nur eine Frage: Wollt ihr im Bund die Fortsetzung einer Regierung aus SPÖ und ÖVP oder wollt ihr eine grundsätzliche Veränderung? Dazu wird es aber nur kommen, wenn die Grünen im Bund ein Salzburger Ergebnis schaffen.

„Ich wart seit Wochen auf diesen Tag und tanz vor Freude über den Asphalt.“ Aus „Tage wie diese“,Die Toten Hosen „An Tagen wie diesen wünscht man sich Unendlichkeit“, tönte es Sonntagnachmittag aus dem Laptop von Grünen-Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner, der bei seinen Kollegen in Salzburg weilte. Der „Toten Hosen“-Hit gab die Stimmung unter den Ökos wieder. Es war ein historischer Tag. Die Grünen haben sich fast verdreifacht und die Blauen überholt. Mit mehr als 20 Prozent gelang ihnen ihr bestes Ergebnis in der Parteigeschichte bei Wahlen in Österreich. „Ich kann es noch gar nicht fassen, ich habe noch nie einen so schönen Wahlabend erlebt“, jubelte Partei-Chefin Eva Glawischnig.

Die Grünen gelten ja gemeinhin als Umfrage-Sieger, konnten bei vielen Urnengängen aber nur ihre Ergebnisse halten oder mussten sogar Verluste hinnehmen.

Im Jahr 2013 ist bisher alles anders. Als einzige Partei haben die Grünen bei allen vier Landtagswahlen zugelegt.

Sogar auf dem sehr schwierigen Kärntner Terrain kamen sie mit Aufdecker Rolf Holub im März auf mehr als 12 Prozent – und sitzen nun in der Landesregierung. Ein geringes Plus gab es in Niederösterreich. In Tirol sind die Grünen rund um Spitzenkandidatin Ingrid Felipe potenzieller Koalitionspartner für die ÖVP. Ab Montag gehen die Gespräche mit Landeshauptmann Günther Platter weiter.

Woran liegt es, dass die Grünen im Aufschwung sind, zumal Öko-Themen bei den Landtagswahlkämpfen gar keine Rolle spielten?

Ihr stärkstes Atout: Sie sind in keine Skandale und Korruptionsaffären verwickelt. Sie spielen glaubhaft die Rolle der Saubermänner und -frauen. „Das Korruptionsthema ist ein Monopolthema für die Grünen“, sagt Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer im KURIER-Gespräch. Das erkläre auch die Zuwächse. Dort, wo es „Mega-Skandale“ gab, etwa die Spekulationsaffäre in Salzburg und die Korruptionsfälle in Kärnten, „dort ist ein guter Nährboden für enorme Zuwächse der Grünen“, erklärt der OGM-Chef.

In Kärnten hat sich Rolf Holub einen Namen als hartnäckiger Aufdecker in der Hypo-Affäre gemacht. In Salzburg war Frontfrau Astrid Rössler Vorsitzende des U-Ausschusses zum Zocker-Skandal. Die 54-jährige Juristin leitete das Untersuchungsgremium unaufgeregt, aber hart in der Sache.

Aufwärtstrend

Wird sich der Aufwärtstrend der Grünen im Herbst fortsetzen? Bei der Nationalratswahl am 29. September gehen sie erstmals mit Eva Glawischnig an den Start. Die Spitzenkandidatin meint angesichts der jüngsten Wahlergebnisse nicht nur Rückenwind, sondern „fast schon einen Sturm“ zu spüren.

Bachmayer bremst die Euphorie ein wenig: „Es wird bei der Nationalratswahl sicher ein dickes Plus geben, aber die Bäume werden nicht wie etwa in Salzburg in den Himmel wachsen.“ Korruption sei auf Bundesebene nicht mehr das Thema Nummer eins. Hier sei schon einiges an Aufarbeitung passiert.

Die Grünen haben den Wahlabend dennoch in Toten-Hosen-Manier ausklingen lassen: „In dieser Nacht der Nächte, die uns so viel verspricht, erleben wir das Beste, kein Ende ist in Sicht.“

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner freute sich angesichts des Salzburger Wahlergebnisses vor allem über die Stärkung der Westachse. "Vorarlberg, Tirol und Salzburg werden gemeinsam eine starke Achse schmieden", erklärte Wallner in Hinblick auf die bevorstehenden Bund-Länder-Verhandlungen. "Ich gratuliere Wilfried Haslauer und der Salzburger Volkspartei zum ersten Platz bei der Landtagswahl in Salzburg“, zeigte sich Niederösterreichs auch Landeshauptmann Erwin Pröll erfreut. Josef Pühringer, Landesparteiobmann der ÖVP, sprach von einem großen Erfolg für Wilfried Haslauer, der in "imposanter Weise" als Erster über die Ziellinie gekommen sei.

Bittere Pille

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos hat den Ausgang der Landtagswahl in Salzburg in einer ersten Reaktion als "schmerzlich" für seine Partei bezeichnet. "Die deutlichen Verluste der Salzburger Sozialdemokraten sind ganz eindeutig auf den Finanzskandal in Salzburg zurückzuführen", hieß es in einem ersten Statement. Salzburg war aber seiner Ansicht nach "aufgrund der Spekulationsaffäre ein absoluter Sonderfall".

SP-Chefin und Landeshauptfrau Gabi Burgstaller habe "versucht, Fehler zu korrigieren, und einen klaren Schlussstrich gezogen, letztlich aber zu spät." Bei der steirischen ÖVP war man mit dem Salzburger Wahlergebnis - trotz Verlusten - zufrieden, bei der SPÖ gab LH Franz Voves in Hinblick auf den Finanzskandal unumwunden zu, dass "die Wählerinnen und Wähler heute eine klare Antwort darauf gegeben hätten, das ist zu akzeptieren".

Grüner Jubel

Die Grüne Landessprecherin und Spitzenkandidatin, Astrid Rössler, zeigte sich im APA-Gespräch "sprachlos über den Gewinn - 20 Prozent, das ist jenseits der kühnsten Träume". Sie sei überwältigt über das Wahlergebnis, das nicht nur - wie erhofft - gegenüber 2009 verdoppelt worden sei, es seien noch fünf Prozentpunkte dazugekommen. "Wir sind durch viele Täler gegangen. Das war jetzt ein Höhenflug, der nicht planbar ist."

Überglücklich präsentierte sich auch Bundessprecherin Eva Glawischnig: "Ich kann es noch gar nicht fassen, ich habe noch nie im Leben einen so schönen Wahlabend erlebt". In Sachen einer möglichen Regierungsbeteiligung sei "noch alles offen". Für die Nationalratswahl ortete sie eine "massive Bestärkung". Neben dem Wunsch nach Korruptionsbekämpfung sei - Stichwort Bienensterben - auch klar geworden: "Die Bevölkerung will mehr Umweltschutz."

Positives Resumee

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache zeigte sich erfreut über die Stimmenzuwächse, auch wenn diese laut Hochrechnungen hinter den Grünen auf Platz vier im Salzburger Landtag landen werden. Das Plus sei "keine Selbstverständlichkeit", sagte Strache im ORF. Generalsekretär Kickl ortete einen "schönen Erfolg für die FPÖ Salzburg".

Team-Stronach-Klubobmann Robert Lugar bezeichnete die voraussichtlich rund acht Prozent für seine Partei als "gutes Ergebnis": Nicht nur habe man es "aus dem Stand" in den Landtag geschafft, sondern voraussichtlich auch Klubstatus. Die acht Prozent seien ein "Auftrag", Politik für Salzburg zu machen, und man gehe nun mit Elan in Richtung Nationalratswahl.

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