Salcher: "2020 darf es keine Herbstferien geben"

Salcher: "2020 darf es keine Herbstferien geben"
Bildungsexperte Andreas Salcher analysiert im KURIER-Interview das außergewöhnliche Corona-Schuljahr 2020.

KURIER: Herr Salcher, die einen sagen, Corona hätte die Digitalisierung der Schulen vorangetrieben. Die anderen, nämlich die Eltern, stöhnen über die Mehrbelastung. Wie ordnen Sie das Corona-Schuljahr ein?

Andreas Salcher: Ich halte es für zynisch zu sagen, wir haben ein Virus gebraucht, das Hunderte Menschen getötet und Hunderttausende den Arbeitsplatz gekostet hat, damit endlich die Digitalisierung in den Schulen vorangetrieben wurde. Corona hat eher die Schwächen aufgezeigt, und wir sind ja noch lange nicht in der Digitalisierung angekommen. Alles, was in den vergangenen Jahren verabsäumt wurde, musste man an einem Wochenende nachholen. Etwa die Online-Lernplattformen mussten innerhalb eines Wochenendes befüllt werden, weil es bis dahin nur wenig Inhalte gab. Und jene Lehrer, die die Schule als letzte Bastion gegen die Digitalisierung gesehen haben, fühlten sich vollkommen überfordert.

Corona hat gezeigt, welche Lehrer fit fürs 21. Jahrhundert sind und welche nicht – stimmen Sie dem zu?

Der Umgang mit Corona hat gezeigt, dass in unseren Schulen nie aus Kundensicht gedacht wird. An einigen Schulen kommunizierten die Lehrer auf drei unterschiedlichen Plattformen mit den Schülern und Eltern und verschickten ohne jede Koordination Aufgaben aus ihrem Fach. Das hat die Eltern zur Verzweiflung getrieben. In einem Unternehmen wäre es undenkbar, dass jede Abteilung unterschiedliche Plattformen verwendet. Da wurde festgelegt, dass über MS-Teams, Skype oder Zoom kommuniziert wird, und das galt dann für alle. Natürlich gab es auch digitale Leuchtturmschulen. Hier zeigte sich einmal mehr die tiefe Schlucht, die die Toplehrer von den Trittbrettfahrern trennt. Während viele Lehrer technisch und didaktisch rasch aufrüsteten und ihren Schülern für Fragen bis am Abend per WhatsApp oder Skype zur Verfügung standen, interpretierten einige schwarze Schafe den Begriff „Distance Learning“ verhaltensoriginell.

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