Rote Gabi, zum Bleiben verdammt

Landeshauptfrau Burgstaller muss antreten, obwohl sie längst nicht mehr wollte.

Es war zwar kein Weltuntergang, aber doch ein ein gehöriges Erdbeben, das Salzburg am 6. Dezember 2012 erschütterte: 340 Millionen Euro soll Monika R., die Finanzbeauftragte des Landes, verspekuliert haben. Es wird noch Wochen dauern, bis endgültig fest steht, wie viel Geld tatsächlich verloren ist.

Was fix ist: Salzburg wird auf Drängen der Schwarzen im Frühjahr 2013 vorzeitig wählen. Diese Chance ließ sich die ÖVP, die nach den Wahlniederlagen 2004 und 2009 nun politische Morgenluft wittert, nicht entgehen.

Mach’s nochmal, Gabi

Für die SPÖ wird wohl wieder Gabi Burgstaller ins Rennen gehen – nicht, weil sie das will, sondern weil sie muss. „Sie wird geradezu händeringend gebeten, anzutreten“, erzählt ein Parteikollege. Denn auch wenn Burgstallers Umfragewerte zuletzt gesunken sein mögen, weiß man doch, dass sie die Einzige ist, die eine totale Wahlschlappe verhindern kann.

Dabei soll der Plan der 49-Jährigen anders ausgesehen haben. Wie man aus Salzburger SPÖ-Kreisen vernimmt, wollte sich Burgstaller eine neuerliche Kandidatur und weitere vier Jahre Regierungsarbeit nicht mehr antun. „Sie hatte schon vor zwei Jahren einen Durchhänger. Seitdem wird ihr nachgesagt, amtsmüde zu sein“, erzählt ein Parteifreund. Tatsächlich wirkte die Juristin zuletzt ausgelaugt und angeschlagen – etwa als Tausende Landesbedienstete zum Regierungssitz im Chiemseehof marschierten und die Landeshauptfrau mit einem Pfeifkonzert bedachten.

In der Wiener Volksanwaltschaft, deren Amtsperiode am 30. Juni 2013 ausläuft, machte schon vor Monaten das Gerücht die Runde, Gabi Burgstaller könnte Peter Kostelka als SPÖ-Vertreter nachfolgen. In Salzburg, so hieß es in Wien, sei ein Wechsel von Burgstaller zu David Brenner beabsichtigt, damit dieser noch rechtzeitig vor der Landtagswahl 2014 einen Amtsbonus als Landeshauptmann aufbauen könne.

Auch SPÖ-Nationalratsabgeordnete munkelten über angebliche Ambitionen Burgstallers auf die Volksanwaltschaft. Ende des Jahres wurde das Gerücht dann abgesagt: Es gebe Probleme in Salzburg, die Rochade werde nicht zustande kommen.

Das Problem hatte einen Namen: David Brenner, Kronprinz und Thronfolger. Spätestens im ersten Quartal 2013 hätte Brenner, so der Plan, die Nachfolge Burgstallers antreten sollen. Doch 2012 erwies sich für den 41-Jährigen als Seuchenjahr: Zuerst gab es die Affäre um den von Brenner fristlos entlassenen kaufmännischen Direktor des Landestheaters. Vor Gericht musste die Entlassung aufgehoben werden; der Manager bekam zudem 100.000 Euro. Und da waren die dubiosen Förderverträge beim SPÖ-nahen Sportverband ASKÖ, bei denen Brenner zu spät reagiert hatte. Der Finanzskandal beendete dann endgültig die politischen Ambitionen Brenners – und damit Burgstallers Pläne. Die SPÖ steht nun vor dem Dilemma: „Es ist weit und breit kein Nachfolger in Sicht“, heißt es aus der Partei.

Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden, der am ehesten das Zeug dazu hätte, wird den Teufel tun, seinen sicheren Sessel in der Stadt für eine unsichere Kandidatur im Land zu riskieren.

Die SPÖ-Landesräte Walter Blachfellner und Walter Steidl mögen brave Sacharbeiter sein, politische Zugpferde sind sie nicht. Und AK-Präsident Siegfried Pichler ist zwar beliebt, war aber schwer krank. Er habe nicht mehr die Power für einen Wahlkampf, erzählt man.

Bleibt nur Burgstaller.

So liegt es wieder an der Frau, die in einer ÖVP-nahen oberösterreichischen Bauernfamilie aufwuchs, das Ruder für die SPÖ herumzureißen. So wie ihr das schon 2004 und 2009 gelang, als sie mit einem voll auf ihre Person zugeschnittenen Sympathie-Wahlkampf die rote Mehrheit im traditionell schwarzen Land eroberte.

Volksnah und unverkrampft machte sie Leutseligkeit zum Programm und ließ überall nur „Gabi wählen“ plakatieren. Das wird diesmal wohl nicht reichen.

Die Einzeltäter-Theorie, dass eine wild gewordene Finanzreferentin im Alleingang einen Spekulationsskandal mit einem möglichen Schaden von 340 Millionen Euro verursacht hat, glauben offenbar nur wenige“, sagt Karin Cvrtila, Umfrage-Expertin bei OGM. Besonders Menschen, die in der Privatwirtschaft arbeiten, würden das bezweifeln. „Zudem kommen ja in den vergangenen Tagen immer mehr Hinweise, dass die Landespolitiker vielleicht doch viel mehr wussten, als sie bisher zugegeben haben.“

Übrig bleibe jedenfalls, dass die Politik, und hier speziell die Salzburger Regierungsparteien, vom Finanzskandal mitgerissen werden, meint Cvrtila. Die Taktik der ÖVP, vor allem dem Salzburger Koalitionspartner SPÖ die Schuld zu geben, kommt nur bei den eigenen Sympathisanten sehr gut an.

Rote Gabi, zum Bleiben verdammt
Rote und freiheitliche Wähler tendieren deutlich stärker, der gesamten Regierung die Schuld zu geben, bei Grün-Wählerin ist die Schuldfrage eher ausgeglichen. Cvrtila: „Bei freiheitlichen, also oppositionellen Wählern gibt es aber generell die Tendenz, der Politik ganz allgemein und den Politikern im speziellen die Schuld zu geben und einen Rücktritt zu fordern.“

Allein SPÖ- und Grün-Wähler sind besonders milde in ihrem Urteil – auch wenn ein beachtliches Viertel der roten Wähler den Rücktritt von Burgstaller verlangt.

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