Wie Gewessler die Achse der Landeshauptleute zum Bröckeln brachte
Wenn Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in rund einer Woche ihrem ÖVP-Kollegen Thomas Stelzer den Dirigentenstab übergibt, dann ist es diesmal nicht nur ein Zeichen dafür, dass jetzt Oberösterreich von Niederösterreich für sechs Monate den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz übernimmt.
Vielmehr ist es ein Auftrag, dass sich Thomas Stelzer überlegen muss, wie er die Achse der Landeshauptleute wieder kitten kann. Denn seit dem Wirbel um das Ja von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) zum EU-Renaturierungsgesetz ist die Front der Bundesländer brüchig geworden. Und damit enorm geschwächt.
Dabei eilt dieser Zusammenkunft der Landeshauptleute der Ruf voraus, die „mächtigere Nebenregierung“ zu sein. Wenn dort einstimmige Beschlüsse gefasst werden, gilt das für die Bundesregierung fast schon wie ein Auftrag. Dabei ist die Landeshauptleutekonferenz nicht einmal in der Verfassung verankert.
Zuletzt allerdings wurde ein einstimmiger Beschluss der Bundesländer vor allem von Wien und ein wenig auch von Kärnten aufgeweicht. SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig scherte bei der Forderung an Leonore Gewessler aus, im Auftrag der Länder nicht für das Renaturierungsgesetz zu stimmen. Die Ministerin nutzte das sofort, um nicht mehr von einem Beschluss aller Bundesländer zu sprechen. Auch wenn einige Gutachter das anders gesehen haben.
Stärke durch Einigkeit
Aber gleichgültig, wie dieser Rechtsstreit ausgeht, die Position der Landeshauptleute ist seither geschwächt. Das sieht auch Peter Bußjäger, Verwaltungsjurist und Föderalismusexperte, so. „Die Landeshauptleutekonferenz ist nur dann stark, wenn sie als eine Stimme auftritt“, sagt er zum KURIER.
Einen ähnlichen Fall hatte es schon im Jahr 2010 gegeben. Da wollte sich der damalige Vorsitzende Erwin Pröll (ÖVP) aus NÖ mit seinem Gegenüber im Bund, SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann, darauf einigen, dass im Bildungsbereich die Länder die Schulverwaltung – inklusive aller Pädagogen – übernehmen und der Bund nur noch für die Bildungsqualität zuständig ist. Unter den Bundesländern hatte Pröll nicht nur die ÖVP-Landeshauptleute, sondern auch die beiden SPÖ-Regenten Michael Häupl (Wien) und Hans Niessl (Burgenland) hinter sich. Dennoch konnte er sich gegen Ministerin Claudia Schmied (SPÖ) nicht durchsetzen, weil er nicht von allen seinen Kollegen die Zustimmung erhalten hatte. Gegen die Verländerung der Schulverwaltung waren Franz Voves (Steiermark) und Gabi Burgstaller (Salzburg), beide SPÖ.
Wobei diesmal der Fall noch schwieriger ist. 2010 gab es keinen einstimmigen Beschluss. Beim Renaturierungsgesetz war dieser aber mit dem entsprechenden Brief an Ministerin Gewessler bereits vorhanden, ehe Wien umschwenkte.
Wobei der Schwenk sicherlich nicht eine einheitliche SPÖ-Linie ist. Das rote Burgenland mit Hans Peter Doskozil an der Spitze ist dem Beschluss der Bundesländer treu geblieben. Und der Tiroler SPÖ-Landesvize Georg Dornauer hat seine Parteikollegen aus Wien und Kärnten wegen ihres Gesinnungswandels sogar öffentlich kritisiert.
Dass Thomas Stelzer bei der Übernahme des Vorsitzes am 4. Juli auf diese dunklen Wolken über der Landeshauptleutekonferenz eingehen wird, ist eher nicht zu erwarten.
Danach wird er aber einiges zu tun haben, um wieder Einigkeit unter den Bundesländern herzustellen, will man nicht der künftigen Bundesregierung komplett ausgeliefert sein.
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