Rektoren-Chefin: Ausländer-Quote bei Medizin nicht gerechtfertigt

Sonja Hammerschmid
Mit drohendem Ärztemangel lasse sich die Quote nicht begründen, sagt Hammerschmid.

Seit zehn Jahren sind 75 Prozent der Plätze im Medizin-Studium für jene reserviert, die in Österreich maturiert haben. Bis zum Jahresende ruht das Verfahren der EU-Kommission gegen die Ausländer-Quote. In den kommenden Monaten muss Österreich nachweisen, dass ohne sie die Gesundheitsversorgung gefährdet wäre.

Die Begründung war stets: Ohne Quote würden zu viele ausländische Studenten – vor allem aus Deutschland – kommen, die nach dem Abschluss Österreich wieder verlassen. Dieses Argument sei jedoch nicht sehr solide, sagt eine, die es wissen muss: Sonja Hammerschmid, Rektorin der Veterinärmedizinischen Uni Wien und Vorsitzende der Rektorenkonferenz.

KURIER: Dieses Jahr läuft das Moratorium bei der Ausländerquote im Medizin-Studium aus. Haben Sie ein Gefühl, wie es weitergehen wird?

Sonja Hammerschmid: Es gibt intensive Verhandlungen mit Brüssel, um diese Quote irgendwie drüberzuretten. Man braucht aber gute Argumente, denn wir wissen alle, dass wir genügend Ärzte für den Arbeitsmarkt ausbilden. Wir kämpfen mit dem Problem, dass viele ins Ausland abwandern. Wir kämpfen auch mit dem Problem, dass viele nicht in die ländlichen Regionen gehen, wo es wirklich dringend Ärztinnen und Ärzte braucht, weil einfach die Rahmenbedingungen nicht passen. Wir lösen also das Thema nicht mit mehr Absolventen, das ist kein universitäres Problem.

Das klingt so, als ob das Haupt-Argument für die Quote – dass ohne sie ein gravierender Ärzte-Mangel drohen würde – nicht sehr solide sei.

So ist es. Wir haben eine der höchsten Ärzte-Dichten in Europa. Dazu gibt es Studien – und ich nehme an, diese Studien sind bekannt. Es handelt sich um ein Verteilungsproblem. Das Thema ist, dass 40 Prozent der Absolventen ins Ausland verschwinden, weil es dort bessere Arbeitsbedingungen gibt.

Das sind aber nicht nur Deutsche?

Nein, natürlich nicht. Da sind genug Österreicher dabei. Wir müssen die Rahmenbedingungen ändern. Dann wird auch der eine oder andere ausländische Studierende da bleiben. Ich erlebe das an der Veterinärmedizinischen Universität: Wir hatten die Quote ja ursprünglich und haben sie mittlerweile verloren. Wir haben ungefähr 35 % ausländische Studierende und uns trifft wie in der Humanmedizin das Regionen-Thema. Aber wir sehen schon, dass – wenn die Rahmenbedingungen passen – viele hierbleiben, weil sie hier ihre Familie gründen. Es ist nicht so, dass genau die ausländischen Studierenden dann wieder zurückgehen.

Das heißt: Rahmenbedingungen verbessern – und dann macht es auch nichts, wenn die Quote fällt?

Ich würde trotzdem dafür plädieren, die Quote zu behalten. Hilfreich wäre es nicht, wenn sie fällt. Denn die Rahmenbedingungen können wir als Universitäten nicht verändern. Darum sollten wir schon versuchen, dieses Moratorium zu verlängern.

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