Reisswolf-Chef: "In 25 Jahren noch nie passiert"

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ÖVP-Mitarbeiter wollte drei Schredder-Durchgänge und nahm Überbleibsel mit - ein "ungewöhnlicher Vorgang", wie der Chef der Firma findet.

Der Geschäftsführer der Firma Reisswolf, Siegfried Schmedler, hat gegenüber der Wochenzeitung Falter von einem ungewöhnlichen Vorgang rund um die Schredderung von gesamt fünf Datenträgern durch einen ÖVP-Mitarbeiter berichtet. In der 25-jährigen Geschichte des Unternehmens sei "noch nie passiert", dass jemand "unter falschem Namen und mit solchem Aufwand Festplatten vernichten hat lassen".

Der Mann habe sich bereits bei der Anmeldung "nervös verhalten" und wollte "auf keinen Fall die Festplatten aus der Hand geben", schilderte Schmedler am Dienstag auf Falter.at. Zudem habe er auf drei Schredder-Durchgängen bestanden, so Schmedler: "Er hat unsere Mitarbeiter immer wieder aufgefordert, die schon geschredderten Partikel wieder auf das Förderband zu legen und neuerlich zu schreddern." Normalerweise reiche ein Vorgang, um eine normgerechte Vernichtung sicherzustellen, hieß es.

Zudem habe er darauf bestanden, die geschredderten Teile wieder mitzunehmen. Einer der Reisswolf-Mitarbeiter habe ihn dann bei der Abschlussrede von Sebastian Kurz in der politischen Akademie wiedererkannt. Über die angegebene Telefonnummer, sei man auf seinen richtigen Namen gekommen. Weil er die Rechnung von rund 76 Euro nicht bezahlt habe, habe man Anzeige erstattet. Der Geschäftsführer sei laut eigenem Bekunden dann an die zuständige Staatsanwältin in der Ibiza-Affäre vermittelt worden.

Kanzlerin lässt Schredder-Vorwürfe prüfen

Erst nach 30 Jahren öffentlich

Im Interview mit dem KURIER hielt der Generaldirektor des Staatsarchivs, Manfred Fink, indes fest, dass für die nächsten 25 Jahre nur Sebastian Kurz oder eine von ihm nominierte Vertrauensperson Einsicht in das Schriftgut aus dem Kabinett Kurz erhält. 

Erst nach 25 Jahren dürfen die Archivare das Material sichten und aufbereiten, damit es nach 30 Jahren der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. Mehr dazu lesen Sie hier: 

SPÖ und NEOS senden Anfragen an Bierlein und Jabloner

Abseits der technischen Aufklärung bombardierten SPÖ und NEOS die Regierung heute mit parlamentarischen Anfragen zur sogenannten Schredder-Affäre. So wollen die beiden Parteien unter anderem wissen, wer von der Datenvernichtung der Kanzleramtsdateien wusste, ob Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) seiner Nachfolgerin Akten überlassen hat sowie weswegen nun genau ermittelt wird. Auch die FPÖ zweifelt an den VP-Angaben.

NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper erfragt bei Justizminister Clemens Jabloner, gegen wie viele Personen in der Causa ermittelt wird und wegen welcher Sachverhalte und Delikte. Ebenso von Interesse ist für sie, wie viele Personen schon einvernommen wurden und ob Kurz und sein Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) darunter waren. Auch Auskunft begehrt wird, ob die Strafverfolgungsbehörden Anhaltspunkte dafür fand, dass auf der Festplatte Daten mit Bezug zur Ibiza-Affäre, zur illegalen Parteienfinanzierung sowie zum Platzen der Regierung gespeichert waren. Schließlich soll Jabloner bekannt geben, ob Weisungen erteilt wurden.

Die SPÖ wendet sich nur an die Kanzlerin und möchte wissen, wie viele Datenträger aus dem Kanzleramt gelöscht wurden und das in welcher Form. Interessiert ist man auch daran, wer die Drucker verwendet hat, deren Festplatten zum Schreddern außer Haus gebracht wurden. Auch ob es ein Backup der Daten gibt, soll Bierlein bekannt geben. Schließlich will man wissen, ob Kurz, Blümel und ihre Kabinettsmitglieder Handys mitgenommen oder zurückgegeben haben.
 

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