Im Prinzip ist die Sache relativ einfach: Die Bundesverfassung schreibt genau gar nichts zur Regierungssuche oder -bildung vor. Das ist insofern bemerkenswert, als Fragen zur Nationalratswahl oder zu den Abläufen im Nationalrat sehr genau gesetzlich geregelt sind.
Laut Verfassung benötigt eine Regierung nur zwei Dinge: eine Mehrheit im Parlament – damit sie der Nationalrat nicht sofort per Misstrauensantrag entlassen kann. Und: die Unterschrift des Bundespräsidenten.
Ernennung
Artikel 70 der Bundesverfassung sieht vor, dass der Bundespräsident den Bundeskanzler ernennt – und auf dessen Vorschlag die Mitglieder der Bundesregierung. Formal hat das nichts mit der Nationalratswahl zu tun. Theoretisch könnte der Bundespräsident jederzeit eine Regierung ernennen.
In der Praxis war es bislang eine Gepflogenheit, dass der Bundespräsident den Parteichef der stimmenstärksten Partei darum bittet, eine stabile Bundesregierung zu bilden. Gesetzlich verpflichtend ist das aber nicht – dementsprechend kann es hier keinen Verfassungsbruch geben.
Im aktuellen Fall besteht die Problematik darin, dass Alexander Van der Bellen Herbert Kickl als nicht regierungstauglich empfindet – und das ist amtlich. Immerhin hat der Bundespräsident Kickl auf Wunsch des damaligen Kanzlers Sebastian Kurz im Zuge der Ibiza-Affäre als bislang einzigen Minister des Amtes enthoben.
Van der Bellen kann im Vorfeld einer Angelobung einzelne Kandidaten für Ministerämter ablehnen – aber auch das nur in informellen Gesprächen, also quasi mit der Drohung: Dann gelobe ich keine Regierung an.
Sollten Parteichefs der Öffentlichkeit eine parlamentarische Mehrheit und ein konkretes Regierungsprogramm vorweisen, wird es für das Staatsoberhaupt schwierig, eine Koalition ohne gravierende Gründe einfach abzulehnen. Es sei denn, Van der Bellen möchte eine Staatskrise riskieren.
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