Regierung: Verhaltenes Echo auf Tojner-Reformangebot

Unternehmer Tojner kritisiert die zu hohen Sozialausgaben
Michael Tojner hält Sozial-Reform für bitter nötig und bot sich als Experte an. Bei der Regierung steht das aber nicht auf der Agenda.

Mindestlohn, Beschäftigungsbonus und eine Aktion für Langzeitarbeitslose – das Regierungsprogramm für 2017 und 2018 sieht einiges für das arbeitende Volk vor, für das nicht-arbeitende gibt es vorerst aber keinen Plan.

SPÖ-Sozialminister Alois Stöger hatte im Vorjahr versucht, die Regeln für die Mindestsicherung österreichweit zu vereinheitlichen. Das scheiterte an den ÖVP-geführten Ländern Ober- und Niederösterreich, die in Eigenregie Kürzungen vornahmen.

Politisch ist der Sozialstaat ein heikles Thema, oft scheitern Reformen auch an Bünden und Kammern. Es brauche eine unabhängige Kommission, die Konzepte erarbeitet – und die sollten dann auch umgesetzt werden, schlug Unternehmer Michael Tojner vergangene Woche bei der Mittwochsgesellschaft im Wiener Palais Coburg vor. Er bot sich – nach Vorbild von Manager Peter Hartz, der 2002 in Deutschland "Hartz IV" entwickelt hat – selbst als Experte an.

Im Gespräch mit KURIER-Herausgeber Helmut Brandstätter warnte Tojner: Der "überbordende Sozialstaat" sei nicht mehr finanzierbar. Die Staatsquote von aktuell 50 Prozent müsse auf 42 bis 45 Prozent reduziert werden. Er plädierte auch für eine tiefgreifende Pensionsreform.

Im Kabinett von Bundeskanzler Christian Kern will man das Angebot Tojners nicht kommentieren. Dass man mit dem Stichwort "Sozialstaat-Abbau" keine Freude hat, versteht sich von selbst.

Vollkasko-Gesellschaft

Das zuständige Sozialministerium ist da schon deutlicher: "Mit uns wird es keine Reformen geben, die zulasten der Schwächeren gehen." Das Hilfsangebot Tojners werde man vorerst nicht aufgreifen: "Wir haben ein Regierungsprogramm, auf das wir uns jetzt konzentrieren wollen."

Mit dieser Begründung gibt es auf KURIER-Anfrage auch vom Wirtschaftsministerium eine Absage. Wobei Vizekanzler Mitterlehner ja grundsätzlich mit dem Spitzenunternehmer einer Meinung zu sein scheint. Als Wirtschaftsminister hat auch Mitterlehner schon öfter die hohe Staatsquote und den "überbordenden Sozialstaat" kritisch angesprochen.

"Wir müssen den Sozialstaat neu denken. Ich halte nichts von einer Vollkasko-Gesellschaft, in der alles staatlich geregelt wird", sagt er. Mitterlehner fordert mehr Eigenverantwortung und Solidarität ein – in beide Richtungen: mit jenen, die wirklich Hilfe brauchen und mit den Steuerzahlern, die das gesamte Sozialsystem finanzieren.

Stichwort Mindestsicherung: 2015 lagen die Kosten insgesamt bei 870 Millionen Euro. Für 2016 liegt noch keine Endabrechnung aus den Ländern vor. Alleine in Wien, wo mehr als die Hälfte aller Bezieher leben, waren es im Vorjahr 626 Millionen Euro. Tendenz steigend. Der Rechnungshof hatte im Februar vor einer "Kostenexplosion" gewarnt. Laut Schätzungen dürfte man bis 2021 bei satten 1,6 Milliarden liegen.

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