Regierung überrumpelt ÖGB: Einigung beim Zwölfstundentag

Kaum gewählt, schon überrumpelt: Wolfgang Katzian.
Die Regierung lässt ab 2019 länger arbeiten. Beschäftige sollen ablehnen dürfen. Das ist für den neuen ÖGB-Boss "Fake".

Das türkis-blaue Timing war perfekt und hat dem neuen ÖGB-Präsidenten Wolfgang Katzian am Donnerstag die Show gestohlen.

Kurz nach der Wahl von Katzian am ÖGB-Bundeskongress verkündeten die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ überraschend eine Einigung bei der  Arbeitszeitflexibilisierung – vulgo Zwölfstundentag  –  und setzten damit das innenpolitische Thema des Tages. Zuletzt hieß es, die Einigung werde wohl erst im Herbst möglich sein. Katzian konnte jedenfalls nur noch in der ORF ZiB2 reagieren - tat das aber auch durchaus kraftvoll und emotional.

Letztlich dürfte die Bundesregierung dem neuen starken Mann an der Gewerkschaftsspitze, der mit 91,6 Prozent gewählt wurde und seit jeher gegen den „generellen“ Zwölfstundentag  kämpft, dennoch etwas Wind aus den frisch gesetzten Segeln nehmen. Denn der Zwölfstundentag soll nicht zur Regel werden und kommt insgesamt in einer leicht schaumgebremsten Version daher. Beobachter schreiben das den Freiheitlichen zu, die hier bei weitergehenden Wünschen der ÖVP gebremst haben sollen.

Regierung überrumpelt ÖGB: Einigung beim Zwölfstundentag

Kanzler Kurz (re.), Vizekanzler Strache.

Generell soll es beim Achtstundentag als gesetzliche Normalarbeitszeit bleiben (wöchentlich 40 Stunden). Auch sollen kollektivvertragliche Regelungen zur Normalarbeitszeit unberührt bleiben.

Auf "freiwilliger" Basis soll jedoch ab dem kommenden Jahr bis zu zwölf Stunden gearbeitet werden können. Was diese Freiwilligkeit jedoch wert ist, muss sich erst zeigen.

"Ablehnungsrecht"

Zumindest soll es bei der besagten Ausweitung auf täglich maximal zwölf Stunden (wöchentlich maximal 60 Stunden) Einschränkungen geben, heißt es im Regierungspapier.

So wird es für die 11. und 12. Stunde bei „überwiegenden persönlichen Interessen“ – wie etwa Kinderbetreuungspflichten – für jeden Arbeitnehmer ein „Ablehnungsrecht“ geben. Zugleich soll gesetzlich auch die 4-Tage-Woche ermöglicht werden.

Ob das alles mehr als ein Placebo ist, werden wohl erst der endgültige Gesetzestext beziehungsweise die betriebliche Praxis zeigen.

Keine echte Begutachtung

Denn, an eine echte Begutachtung ist nicht gedacht. Die Regierung hat den Gesetzesentwurf per Initiativantrag im Parlament eingebracht. Doch nicht einmal eine Ausschussbegutachtung soll es geben, sondern nur einen Beschluss am 2. Juli im Wirtschaftsausschuss und kurz darauf im Plenum. Die Opposition schäumt.

Am 1. Jänner 2019 soll die Arbeitszeitflexibilisierung schließlich in Kraft treten. Die Wirtschaft habe nun „Auftragssicherheit durch die Abdeckung von Spitzenzeiten“. Für Pendler und Familien soll es „mehr Freiheit und Freizeit“ geben, auch von besseren Möglichkeiten für ein verlängertes Wochenende ist die Rede.

Das lässt die Gewerkschaft so freilich nicht stehen.

Katzian sprach in der ZiB2 von einem „Raubzug auf Gesundheit und Geldbörsen“. Das Ablehnungsrecht sei „Fake“, niemand traue sich aus Angst vor Jobverlust die befohlene Mehrarbeit mehrmals abzulehnen. Die Regierung habe eine „rote Linie überschritten“ – Katzian droht mit Streik. Auch im Parlament ging es hoch her.   SPÖ-Mandatar Josef Muchitsch sprach von einer „Schweinerei“ und dem „Verrat“ an Arbeitnehmern.

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