Katzian: "Kein Hosenscheißer", aber noch nicht im Kampfmodus
Der ÖGB hat mit Wolfgang Katzian einen neuen Chef. Die alte Gangart wechselt er noch nicht– zumindest vorerst. „Nix passiert, alles gut“, sagt Katzian, er lacht, die Halle auch. Als böses Omen will hier niemand deuten, dass er beim Raufgehen auf die Bühne gestolpert ist – im Gegenteil: Schließlich haben ihn gerade 91,6 Prozent der ÖGB-Funktionäre zum neuen Präsidenten gewählt.
Ein respektables Ergebnis? Durchaus, selbst wenn die anderen ÖGB-Vorstandsmitglieder bessere Ergebnisse als er erzielen. Aber hier zählt der direkte Vergleich: Erich Foglar, Katzians Vorgänger und jetzt ÖGB-Ehrenpräsident, hat bei seiner ersten Wahl 2008 nur 89 Prozent bekommen.
Konsens statt Konflikt
Foglars auf Konsens ausgerichteten Weg ist es auch, den Katzian – bisher Chef der größten Teilgewerkschaft, jener der Privatangestellten (GPA) – nun weitergehen wird; auch wenn er der deutlich hemdsärmeligere von beiden ist. „Ich will hier keine Kampfrede halten“, sagt er gleich zu Beginn seiner Dankesrede; später setzt er nach: „Das ist kein Kampfmodus.“ Zuvor hatten einige Spitzenfunktionäre per Antrag gefordert, der ÖGB solle stärker gegen die türkis-blaue Regierung auftreten – mit Aktionstagen, Streikandrohungen. Ihnen ist der Leitantrag, der ohne Gegenstimme beschlossen wurde, nicht genug – der lese sich zwar wie ein Gegenprogramm zur Koalition, aber es würden konkrete Schritte fehlen, hieß es.
Katzian hat für seine Skeptiker – und auch für alle Gegner in der Regierungsmannschaft – am Donnerstag darum zumindest eine Ankündigung, auch wenn sie vage bleibt: „Wir reichen ihnen schon die Hand. Aber wenn sie sie wegschlagen, kann’s schnell a Faust werden. Wir sind keine Hosenscheißer“, sagt der 61-Jährige in bestem Wienerisch.
Dass Katzian aber dennoch lieber auf der Verhandlerseite ist als auf der Straße, bejahen jene, die ihn als GPA-Chef und als Austria-Präsident kennen. Konfliktscheu sei er nicht, aber er rede halt lieber, als dass er auf Konfrontation schalte. Dass er aber auch anders kann, konnte man an Kampagnen sehen, die seine GPA gegen Handelsketten wie Müller oder Kik führte.
Mitgliederschwund
Einen anderen Kampf wird er im Inneren des ÖGB austragen müssen – und zwar in Form einer Strukturreform, wie er beim dreitägigen ÖGB-Kongress mehrmals sagt. „Wir müssen wachsen, wir müssen stärker werden“, so sein Credo. Das heißt: Eine Öffnung nach außen muss her, um von mittlerweile etwas angestaubten Funktionärs-Image wegzukommen. Zielgruppe sind jene Arbeitenden, die als „neue Selbstständige“ firmieren, also prekäre Jobber, Mini-Unternehmer, Scheinselbständige. Bisher wurden sie von der Wirtschaftskammer vertreten.
Mit der Öffnung will man auch ein zweites Problem angehen: den Mitgliederschwund der letzten Jahre. Obwohl die Zahlen seit zwei Jahren langsam steigen, gehen dem ÖGB nämlich seit 1998 300.000 Mitglieder ab.
Der Doppel-Präsident:
Wolfgang Katzian (61) wurde am Donnerstag mit 91,6 Prozent zum neuen ÖGB-Präsidenten gewählt.
Als Stellvertreter wurden ÖGB-Frauen-Chefin Korinna Schumann und Norbert Schnedl, Chef der christlichen Gewerkschafter, bestellt.
Bekannt ist der Stockerauer als Präsident der Wiener Austria, zudem sitzt er für die SPÖ im Nationalrat. Beide Posten wird er nach dem Sommer abgeben, er will das Amt des ÖGB-Präsidenten
„überparteilich“ anlegen.
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