Neuwahl für Kickl "unausweichlich", SPÖ und Neos stünden bereit

FPÖ-PRÄSIDIUM IN DER BUNDESGESCHÄFTSSTELLE: KICKL
Leichtfried sieht Zusammenbruch des "türkisen Systems". Meinl-Reisinger dafür den "Weg für Neuwahlen freizumachen".

FPÖ-Chef Herbert Kickl hat am Freitag nach dem Abgang von Sebastian Kurz als ÖVP-Parteiobmann und der Designierung von Karl Nehammer als dessen Nachfolger und Kanzler neuerlich auf Neuwahlen gedrängt. Daran führe "kein Weg mehr vorbei", erklärte Kickl. Auch die SPÖ stünde für eine Neuwahl bereit, wie SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried in einer Aussendung betonte.

"Wenn diese Regierung nicht weiter zusammenarbeiten kann und eine Regierungspartei die Koalition beendet, dann ist die SPÖ jedenfalls bereit für Neuwahlen", betonte Leichtfried, wiewohl er dieses Szenario als "wenig wahrscheinlich" bezeichnet. Die ÖVP mache alles, um an der Macht zu bleiben, so Leichtfried: "Und auch die Grünen haben in den vergangenen zwei Jahren oftmals gezeigt, dass sie politisch viel schlucken, um in der Regierung zu bleiben."

Nehammer wird ÖVP-Parteichef und Kanzler

"Breit angelegte Kindesweglegung"

Kickl sieht die anderen Oppositionsparteien SPÖ und NEOS sowie den türkisen Regierungspartner, die Grünen, in der Pflicht, den Weg für Neuwahlen freizumachen. Die ÖVP dürfe mit ihrer "breit angelegten Kindesweglegung" nicht durchkommen. Die ÖVP versuche nun "in einer Art Notoperation, alle türkisen Zellen aus der Volkspartei zu entfernen" und tue so, als ob sie damit nichts mehr zu tun habe. Das Wahlergebnis von 2019 spiegle aber in keiner Weise die aktuelle Gemütslage innerhalb der Bevölkerung wider, so Kickl. Das mittlerweile aufgeflogene "ÖVP-Korruptionssystem" sowie das "skandalöse Verhalten der ÖVP in der Corona-Politik" seien Grund genug für Neuwahlen.

International sei Österreich zu einer Mischung aus Lachnummer und Sorgenkind gemacht worden, attestiert Kickl. Darum seien Neuwahlen so rasch wie möglich der einzige verantwortungsvolle Schritt. Seit  der letzten Wahl habe sich vieles ganz grundlegend geändert. Die Menschen seien enttäuscht über das Versagen der Regierung. Was sich abspiele, sei eine veruschte Rückabwicklung der Umfärbung von schwarz auf türkis. "Aus dem Schmetterling wird jetzt wieder die alte hässliche Raupe. Das soll das Zukunftskonzept für österreich sein" Was wir erleben, sei auch der Versuch der Abstreifung jeder Verantwortung. "Da geht es ja zu, wie in einem Laufhaus", erklärte Kickl im Hinblick auf die Minister-Rochade.

"Wahrscheinlich brauchen wir nur noch zwei oder drei neue Bundeskanzler, dann haben wir Weihnachten erreicht", sagt Kickl. Er sei fassungslos angesichts des Dilletantismus und der Dreistigkeit der ÖVP. Dass Kurz weg sei, sei nicht alles, was es braucht, um weiteren Schaden für die Republik zu verhindern. Vielmehr müsse die Regierung in ihrer Gesamtheit weg.

Auch Leichtfried ortet einen "Zusammenbruch des türkisen Systems". Die ÖVP mache am Höhepunkt der Corona-Pandemie, mitten in einem Lockdown, ihre interne Krise zu einer Regierungs- und zu einer Staatskrise. Anstatt die Pandemie mit aller Kraft zu bekämpfen, seien die Türkisen mit internen Machtspielen und Postenbesetzungen beschäftigt.

Neos: "Weg frei für Neuwahlen machen"

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger meinte, es wäre besser den Souverän zu befragen. Zwar nicht im Lockdown, aber nach Bewältigung der Corona-Krise im nächsten Jahr sollte der Weg für Neuwahlen freigemacht werden, sagte die NEOS-Chefin in einer Pressekonferenz. Sie geht davon aus, dass eine handlungsfähige Regierung leichter über Neuwahlen zu erreichen sei. Diese Regierung ist für Meinl-Reisinger keine stabile und sie glaubt auch nicht, dass diese in der Lage ist, aktiv die Zukunft zu gestalten.

Meinl-Resinger für Neuwahlen im kommenden Jahr

Die NEOS-Vorsitzende bezweifelte, dass es verantwortungsvoll sei, in dieser Situation eine Regierungsumbildung vorzunehmen. Es tut ihr "im Herzen weh", dass die ÖVP die höchsten Ämter als "parteipolitische Verschubmasse" behandle. Ihrer Ansicht nach steht die Regierung "vor dem Scherbenhaufen im Pandemie-Management". Und die ÖVP, gegen die auch von der Staatsanwaltschaft als Partei ermittelt werde, sei mit sich selbst beschäftigt. Meinl-Reisinger glaubt auch nicht, dass Nehammer als Bundeskanzler nun "das beste Zeichen" sei, zumal er als Generalsekretär Spitzenfunktionär der Partei war und als Innenminister offene Fragen, etwa zum Terroranschlag, hinterlasse. Und mit Gerhard Karner werde das Bestreben, das Innenministerium auf professionelle Beine zu stellen und weg vom Postenschacher zu führen, "zu Grabe getragen".

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