Regierung beschließt Digitalsteuer

Finanzminister Löger und Bundeskanzler Kurz nehmen Digitalkonzerne in die steuerliche Pflicht.
Fünf-Prozent-Steuer auf Online-Werbung. Airbnb haftet künftig für nicht bezahlte Steuern der Vermieter.

Die ÖVP-FPÖ-Regierung hat am Mittwoch im Ministerrat neue Steuern für Internet-Unternehmen beschlossen. Die Pläne, die in Begutachtung geschickt werden, umfassen eine Abgabe auf Online-Werbeumsätze, eine Ausdehnung der Einfuhrumsatzsteuer im Online-Handel sowie eine Haftungsklausel für Online-Vermittlungsplattformen. Allerdings gibt es Experten-Zweifel, ob die anvisierten Einnahmen von 200 Millionen Euro tatsächlich lukriert werden können.

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach nach dem Ministerrat von einer "starken Ungleichbehandlung in der Besteuerung": Während klassische Unternehmen in Europa mit durchschnittlich 20 bis 25 Prozent besteuert würden, zahlten digitale Unternehmen weniger als 10 Prozent. "Diese Ungerechtigkeit wollen wir beenden", so Kurz.

Abgabe für Google, Facebook & Co.

Eingeführt wird eine Online-Werbeabgabe von 5 Prozent für Unternehmen wie Google und Facebook, die weltweit einen Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro, davon 25 Millionen Euro in Österreich, machen. Österreichische Unternehmen sind davon nicht betroffen.

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) sprach nach dem Ministerrat von einem "Fairness-Paket". Dabei gehe man mit einer 5-Prozent-Steuer weiter als die drei Prozent, die in der EU diskutiert würden.

Strengere Regeln für Online-Handel

Den größten Brocken des Digitalpakets bildet die neue Besteuerung im Onlinehandel. Dort gab es bislang bis zu einem Warenwert von 22 Euro eine Umsatzsteuerbefreiung. Da dies in Vergangenheit oft dazu geführt, dass Pakete vor allem aus China, die via Amazon und andere Online-Marktplätze verkauft werden, falsch deklariert wurden, wird die Umsatzsteuerbefreiung gestrichen. Laut Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) bringt das 150 Millionen Euro pro Jahr. Die Plattformbetreiber gelten fortan als Lieferanten und haften für nichterbrachte Steuern.

Ebenfalls eine Haftungsklausel wird für Vermittlungsplattformen von Ferienwohnungen eingeführt. Hier sollen AirBnb und Co. ab 2020 für nicht versteuerte Umsätze der Vermieter haften. Auch soll es künftig eine volle Meldeverpflichtung für Buchungen und Umsätze privater Vermieter geben.

Die Regierung erwartet aus dem Steuerpaket Einnahmen von mehr als 200 Millionen Euro jährlich. Mindestens 15 Millionen Euro davon sollen in die Stärkung und Digitalisierung des österreichischen Medienstandorts fließen. Dazu soll ein Digitalisierungsfonds - Löger: "Medientopf" - eingerichtet werden.

IHS-Chef Kocher zweifelt an 200 Millionen

Martin Kocher, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), glaubt allerdings nicht, dass mit der Digitalsteuer tatsächlich 200 Millionen Euro pro Jahr lukriert werden können. "200 Millionen Euro sind sehr optimistisch geschätzt", sagte der Ökonom am Mittwoch im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien. Zwar gebe es "gute Gründe" zur Einführung, schließlich zahlten Digitalkonzerne sehr wenig Steuern. "Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob die Digitalsteuer die Lösung ist. Es sollte eine Lösung auf OECD-Ebene angestrebt werden", sagte Kocher.

PK WIRTSCHAFTSFORSCHUNGSINSTITUT (WIFO) UND INSTITUT FÜR HÖHERE STUDIEN (IHS) "KONJUNKTURPROGNOSE 2018 UND 2019": KOCHER

IHS-Chef Kocher hält die 200 Millionen Euro aus der Digitalsteuer für "sehr optimistisch".

"Für Konzerne, die betroffen sind, spielt die heimische Digitalsteuer keine große Rolle", so Kocher. Er gab aber zu bedenken, dass "womöglich die Büchse der Pandora geöffnet wird": Schließlich werde das Besteuerungsprinzip nach Ursprungsland bzw. Bestimmungsland aufgebrochen. Deutschland sei deswegen aus den EU-Überlegungen zur Digitalsteuer ausgestiegen, weil die USA sagen könnten, ihr unterstützt eure Autoindustrie mit Forschungsförderungen, daher erhöhen wir die Zölle, erklärte der IHS-Chef.

Europäische Digitalsteuer gescheitert

Kanzler Kurz bezeichnet die Österreichische Lösung als Vorzeigeprojekt in der EU und rechnet mit Nachahmern. Auf EU-Ebene war die Einführung einer Digitalsteuer für Online-Riesen im März gescheitert. Deutschland und Frankreich hatten bis zuletzt versucht, die umstrittene Digitalsteuer in Europa in abgespeckter Variante durchzusetzen. Sie sprachen sich für eine Umsatzsteuer von drei Prozent auf Online-Werbeerlöse aus, die von Jänner 2021 an gelten sollte.

Österreich hatte bereits während seiner EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 sehr auf eine Einführung gepocht. Frankreich und einige andere Staaten haben laut Reuters und dpa inzwischen ebenfalls nationale Konzepte auf den Weg gebracht. Die Regierung in Paris etwa plant eine Digitalsteuer von drei Prozent für Internetkonzerne, die jährlich 500 Millionen Euro einbringen soll. 

Kritik von der SPÖ

Kritik am Digitalpaket der Koalition kam von der SPÖ. EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder erklärte in einer Aussendung: "Lögers sogenanntes 'Digitalpaket' ist nichts weiter als ein Marketing-Gag für den türkisen EU-Wahlkampf und eine absolute Kapitulationserklärung in Sachen Steuergerechtigkeit an die Online-Riesen." Mit 15 Millionen bringe die Online-Werbeabgabe weniger als die Hundesteuer, so Schieder.

Kommentare