Raumschiff Rot: Basis, bitte melden!

CETA: SPÖ suchte sich ein populäres Thema für ihre Mitgliederbefragung
Die SPÖ will vermehrt ihre Mitglieder befragen, die Premiere bleibt stark umstritten.

Als "vollen Erfolg" bezeichnet Georg Niedermühlbichler, der Bundesgeschäftsführer der SPÖ, die Mitglieder-Befragung über CETA und TTIP. Dieser positive Befund erstaunt nicht, der Partei-Manager hat die Umfrage im Auftrag von Bundesparteichef Christian Kern initiiert.

Nüchtern betrachtet, sieht der "volle Erfolg" so aus: 14.387 Rote haben sich an der ersten bundesweiten Umfrage unter allen SPÖ-Mitgliedern beteiligt. Das sind rund sieben Prozent der SPÖ-Anhänger, die Mitgliedsbeiträge zahlen. Abgestimmt haben auch rund 9300 Nicht-Parteimitglieder – in Summe also knapp 24.000 Menschen (siehe "Die CETA-Befragung").

Kann man das tatsächlich als "vollen Erfolg" bezeichnen? "Ich würde es nicht als Misserfolg sehen, aber von einer erfolgreichen Mobilisierung kann man bei sieben Prozent auch nicht sprechen", sagt der Politologe Fritz Plasser zum KURIER.

Dass Parteien ihre Basis befragen, sei grundsätzlich in Ordnung, auch wenn derlei bei der SPÖ keine Tradition habe. Das Thema CETA sei allerdings nicht wirklich dafür geeignet. Einerseits weil das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) schon "mehr oder weniger ausverhandelt" und andererseits weil das Ergebnis der Umfrage aufgrund von "Fragestellungen mit sehr suggestivem Charakter" vorhersagbar gewesen sei. Eine gemeinsame Linie mit der ÖVP würde dadurch auch erschwert. Die Schwarzen treten ja für CETA ein.

Fragliche Strategie

Plasser: "Daher stellt sich die Frage: Cui bono? Warum macht man das?" Die Volkspartei damit umzustimmen, werde nicht gelingen. Die Umfrage trage eher zu einer Eskalation in der Regierung bei. Ein Bruch der Koalition sei angesichts der schlechten Umfragewerte aber für beide Parteien nicht sonderlich erstrebenswert. Und wenn Kern die Sache gestartet habe, "um die Basis stärker zu integrieren", dann könnte sich diese Strategie möglicherweise auch als falsch erweisen. "Denn wenn man zurückrudert, kann man ein Umfaller-Image bekommen", meint Plasser. Schließlich seien die Versprechungen von der Parteispitze selbst relativiert worden.

Tatsächlich hat Niedermühlbichler erklärt, es könnte sein, dass die SPÖ CETA trotz ablehnender Haltung der Partei-Mitglieder zustimme, wenn es in dem Abkommen Klarstellungen gebe – wie von Kanada angekündigt (siehe dazu Artikel rechts).

Befürchtet er nicht, dass die SPÖ damit die Befragten enttäuscht? "Das glaube ich nicht. Denn wenn wir eine Verbesserung beim Abkommen erreichen, ist das besser, als würde es so wie es ist, durchgewunken werden. Wir haben ja nie gesagt, dass wir grundsätzlich gegen den CETA-Vertrag sind."

Basis kürt Parteichef

Dass die rote Basis befragt wird, soll künftig öfter vorkommen. "Ich glaube, dass es wichtig ist, den Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, bei gewissen Entscheidungen mitzureden", erklärt Niedermühlbichler. Er würde es etwa "durchaus spannende finden, die Mitglieder über den Koalitionspakt zu befragen". Der rote Geschäftsführer kann sich sogar vorstellen, die Kern-Klientel über den Parteivorsitzenden abstimmen zu lassen. 200.000 Menschen sollen also mitreden dürfen, wer im roten Chefsessel sitzt.

Plasser sieht darin einen "absolut zu überlegenden Schritt", der nicht neu sei. Auch in Deutschland, Frankreich oder Italien würden Parteivorsitzende vom Parteivolk gekürt. Wenn man sich dazu entschließe, müsse man sich aber auch der Konsequenzen bewusst sein. Es könnte sein, dass es einmal "zwei, drei oder sogar mehr" Chef-Anwärter gebe. "Da kann eine solche Abstimmung folgenreich sein", warnt Plasser. Und einmal eingeführt, wird man der Basis das Recht, über den Obmann zu entscheiden, nicht mehr einfach entziehen können. "Da gibt es kein Zurück."

Die CETA-Befragung

7 % der SPÖler stimmten abZwei Wochen lang rief die SPÖ ihre Mitglieder, aber auch andere Interessierte dazu auf, sich an einer Umfrage zu den Handelsabkommen CETA (EU-Kanada) bzw. TTIP (EU-USA) zu beteiligen. 14.387 SPÖ-Mitglieder stimmten ab
(7 % aller Mitglieder). Auch 9343 Nicht-Mitglieder nahmen teil. Es gab fünf Fragen. Gefragt wurde z. B., ob Österreich „der vorläufigen Anwendung von CETA“ zustimmen soll– 88 % sind dagegen. 98 % wollen nicht, dass CETA in Kraft tritt, wenn dadurch EU-Qualitätsstandards gesenkt würden.

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