"Ratten-Gedicht": Staatsanwaltschaft führt Ermittlungen

"Ratten-Gedicht": Staatsanwaltschaft führt Ermittlungen
SPÖ und Grüne fordern indes ein Ende der schwarz-blauen Regierungskoalition.

Das "Ratten-Gedicht" könnte für den Braunauer FPÖ-Vizebürgermeister Christian Schilcher auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Die Staatsanwaltschaft Ried hat Dienstagmittag erklärt, Ermittlungen zu führen. Ein Verfahren sei aber noch nicht eingeleitet worden. "Wir schauen uns das jetzt an", erklärte Sprecher Alois Ebner auf Anfrage der APA. Es gehe wohl "primär Richtung Verhetzung".

Schilcher war am Dienstag zurückgetreten, nachdem es massive Kritik an seinem Gedicht "Die Stadtratte" gegeben hatte, in dem Migranten mit Ratten verglichen werden.

Strache: "Er hat in den politischen Müll gegriffen."

SPÖ und Grüne in Oberösterreich fordern indes weitere Konsequenzen. Es sei Zeit, die Koalition mit der FPÖ aufzukündigen. Die SPÖ verlangte zudem den Rücktritt von FP-Landesparteichef Manfred Haimbuchner. Rot und Grün orten ein System, die Grenzen des Sagbaren bewusst zu verschieben.

Beide Parteien wiesen in eilig einberufenen Pressekonferenzen am Dienstag auf die historische Belastung des Vergleichs zwischen Menschen und Ratten hin. SPÖ-Landesparteivorsitzende Birgit Gerstorfer und der rote Klubobmann Christian Makor erinnerten etwa an den NS-Propagandafilm "Der ewige Jude", in dem Bilder von Ratten in Bezug auf Menschen mit ausländischem Aussehen gezeigt werden.

Die "Hetzschrift" der Braunauer FPÖ, die als Postwurf an jeden Haushalt in der als Hitler-Geburtsstadt ohnehin historisch belasteten Innviertler Bezirkshauptstadt gegangen sei, sei schließlich "in der Landespartei verlegt und gedruckt" worden, sagte Gerstorfer. Daher finde man ihrer Ansicht nach "mit einer Distanzierung nicht das Auslangen". Die FPÖ habe keinen "Narrensaum", wie Haimbuchner es bezeichne, sondern sie sei "das Zentrum dieser Grauslichkeiten".

FPÖ-Landesparteisekretär Erwin Schreiner wies diesen Vorwurf zurück. Die FPÖ Oberösterreich habe keine Druckerei, jede Ortsgruppe kümmere sich selbst um den Druck ihrer Aussendungen und sei für deren Inhalt selbst verantwortlich.

SPÖ "fassungslos"

Makor zeigte sich dabürberhinaus "fassungslos", vor allem darüber, "was jetzt und heute möglich ist" zu sagen. Er verwies auch auf von der Linzer FPÖ in Abrede gestellte Verbindungen zu den Identitären oder eine auf Youtube abrufbare Rede von FPÖ-Landesrat Elmar Podgorschek vor der AfD. Gerstorfer erwartet sich von Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) entweder ein Ultimatum an seinen Koalitionspartner FPÖ - "als harmlose Variante" - oder aber gleich eine Beendigung der Zusammenarbeit. Angesprochen auf die rot-blaue Koalition in der Stadt Linz sieht sie diese "genauso problematisch", auch wenn sie in dem Fall keine Aufkündigung verlangte.

Für den Grünen Landessprecher Stefan Kaineder ist die SPÖ-Forderung daher nur "mittelmäßig glaubwürdig". Man könne verlangen, dass Köpfe rollen, aber "an der Gesamtsituation wird das nichts ändern". Er forderte ausdrücklich die Beendigung aller Koalitionen mit der FPÖ - von der SPÖ ebenso wie von der ÖVP. Für ihn steht fest: "Es geht um die Zukunft der liberalen Demokratie." Das "Metaprogramm" der FPÖ habe Podgorschek in seiner Rede vor der AfD vorgetragen, "wir haben es auf Video", sagte Kaineder.

Auch der Grüne Klubobmann Gottfried Hirz befürchtet, dass die FPÖ "so etwas wie ein autokratisches System errichten will". Die FPÖ bediene sich dazu einer Taktik, die laute: "Das Unsagbare sagbar machen." Allerdings gebe es auch Mehrheiten ohne die FPÖ, so Hirz. Im oberösterreichischen Proporzsystem würde eine Aufkündigung des Arbeitsübereinkommens zwar an der Zahl der blauen Regierungssitze nichts ändern, aber man könne auch mit freien Mehrheiten arbeiten oder Landesräten Kompetenzen nehmen. Allerdings regieren ÖVP und FPÖ in Oberösterreich bequem mit einer Zweidrittel-Mehrheit.

Bundespräsident soll eingreifen

Gerstorfer will - wie SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner - ein Schreiben an Bundespräsident Alexander Van der Bellen richten und ihn ersuchen, Konsequenzen zu ziehen. Wie genau diese aussehen sollen, war aber noch unklar. Kaineder hält es für "sehr billig, von anderen zu fordern, Konsequenzen zu ziehen und es selbst nicht zustande zu bringen", wie er unter Anspielung auf rot-blaue Koalitionen im Burgenland und in Linz sagte. Die verfassungsmäßige Verantwortung liege in diesem Fall bei den Parlamenten, so der Grüne Landessprecher.

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