Protest: Matejka legt Vorsitz bei der Richtervereinigung zurück
Sabine Matejka legt ihre Funktion als Präsidentin der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter (RiV) nach sechs Jahren zurück. Als Grund dafür gab sie in einer Aussendung die aufgrund von Koalitionsquerelen nach wie vor nicht entschiedene Besetzung der Spitze des Bundesverwaltungsgerichts an, für die sie nach einem Auswahlverfahren als bestgereihte Kandidatin aufscheint. Ab 1. September folgt ihr in der RiV der bisherige Vizepräsident Gernot Kanduth nach.
Matejka (49) ist derzeit Vorsteherin des Bezirksgerichts Floridsdorf. Für die Besetzung der seit 1. Dezember 2022 vakanten Spitze des Bundesverwaltungsgerichts war sie die bestgereihte Kandidatin. Der Bestellung steht jedoch die Besetzung eines anderen Spitzenjobs im Weg, nämlich jene des ebenfalls vakanten Chefpostens in der Bundeswettbewerbsbehörde.
Dort will die Volkspartei den derzeitigen Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts, Michael Sachs, – er ist ebenfalls bestgereiht – als Leiter, was aber bisher am Widerstand der Grünen scheiterte. Umgekehrt soll die ÖVP dem Vernehmen nach der Bestellung Matejkas nicht zustimmen.
➤ Hier lesen Sie ein ausführliches Interview, das der KURIER erst vor Kurzem mit Sabine Matejka führte
„Unklare Situation“
„Ich habe zu Beginn dieses Jahres noch mit einer baldigen Entscheidung der Bundesregierung im Besetzungsverfahren gerechnet“, so Matejka in einer Aussendung. „Es ist jedoch mittlerweile zu einer mehrmonatigen Verzögerung gekommen und ist auch nicht absehbar, wann eine Entscheidung getroffen wird. Diese unklare Situation stellt auch eine Belastung für die Richtervereinigung dar, weshalb wir intern einvernehmlich beschlossen haben, unabhängig vom Ausgang des Besetzungsverfahrens eine personelle Änderung durchzuführen.“
Ursprünglich war ein Wechsel erst nach einer etwaigen Bestellung Matejkas geplant. In der internationalen Standesvertretung bleibt sie als Vizepräsidentin der Europäischen und der Internationalen Richtervereinigung aktiv.
Kanduth (52) ist seit 2014 Vizepräsident der Richtervereinigung. Der Kärntner ist nach Stationen am Bezirksgericht Klagenfurt und am Landesgericht Klagenfurt derzeit Richter an einem zivilen Rechtsmittelsenat am Oberlandesgericht Graz.
Auch er übte Kritik an der verschleppten Bestellung: „Die Vereinigung setzt sich seit mehr als 115 Jahren für die Unabhängigkeit der Rechtsprechung und das Funktionieren des Rechtsstaates ein.“ Auf die nachhaltige Stärkung dieser „unverzichtbaren Grundprinzipien in einer liberalen Demokratie“ werde man in der Richtervereinigung auch weiter das Hauptaugenmerk legen. „Politische Machterhaltungsbestrebungen dürfen nicht zulasten rechtsstaatlicher Grundwerte gehen.“
Kommentare