Hundstorfer sagt "nicht nein" zu Hofburg-Kandidatur

Sozialminister Rudolf Hundstorfer: Ob er zur Bundespräsidenten-Wahl antritt, entscheidet sich im Herbst.
Sozialminister will "Strafeuro" auf Überstunden – das höchste Amt im Staat schließt er nicht aus.

Der Sozialminister als nächster Bundespräsident: Schon öfter wurde eine mögliche Kandidatur des SP-Grandseigneurs Rudolf Hundstorfer kolportiert. Zuletzt brachte auch Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl – als erster in der SP - via KURIER seinen Parteikollegen fürs höchste Amt im Staat ins Spiel (mehr dazu hier).

Hundstorfer selbst gibt sich nun nicht abgeneigt: „Ich sage nicht nein. Ich kann mir nach meinem jetzigen Job vieles vorstellen. Ich konnte mir vor einigen Jahren aber auch nicht vorstellen, eine Bank zu verkaufen“, sagt der einstige ÖGB-Präsident und Bawag-Verkäufer in der ORF-Pressestunde.

Einen kleinen Seitenhieb auf seinen möglichen ÖVP-Kontrahenten, Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, konnte er sich aber nicht verkneifen. „Eine Wette um Weinflaschen werde ich nicht machen, das ist nicht mein Niveau", so der Sozialminister in Anspielung auf Prölls Wett-Anbot an ZiB2-Moderator Armin Wolf.

Zusatzeuro auf Überstunden

Derzeit lägen seine Prioritäten aber noch woanders, meinte Hundstorfer. Ein Fokus sei etwa auf der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Ende April waren 420.000 Menschen in Österreich ohne Job, deutlich mehr als noch vor einem Jahr – ein möglicher Schritt, um hier gegenzusteuern, sei die Einführung eines „Zusatzeuros“ auf Überstunden. In Österreich fallen pro Jahr 270 Millionen an Überstunden an, "wir haben die zweithöchste wöchentliche Arbeitszeit in Europa."

Ein zusätzlicher Euro pro geleisteter Überstunde hätte demnach einen positiven Lenkungseffekt. Der Minister will mit der Abgabe 200 Millionen Euro einsammeln, die in die Sozialversicherung fließen sollen. zudem schaffe man dadurch einen Anreiz für neue Jobs. Hundstorfer hofft auf 8.300 neue Arbeitsplätze durch die Maßnahme.

Dazu fordert er vom Koalitionspartner und der Wirtschaft neue Impulse: „Arbeitslosigkeit ohne Wirtschaftswachstum funktioniert nicht – da sind alle gefordert.“ Diskutieren will er deshalb auch eine Wertschöpfungsabgabe für Unternehmen. "Da geht es nicht um mehr Geld, sondern um eine neue Berechnungsbasis, zum Beispiel für den Familienlastenausgleichsfonds". Abschreibungen sollten aus der Berechnung der Abgabe ausgenommen sein.

Arbeitsmarkt-Öffnung für Asylwerber

Auch in einem anderen Segment würde man in Bälde neue Konzepte vorstellen – nämlich in der Frage, ob Asylwerber in Österreich einer Beschäftigung nachgehen sollen. Gesetzliche Änderungen sind hier nötig, weil eine EU-Richtlinie dies klar vorsieht. Österreich droht sonst ein Vertragsverletzungsverfahren. Derzeit arbeite man an einer Studie; was in dieser gemeinsam mit dem Innenministerium konzipierten Arbeit zu lesen ist, wollte Hundstorder allerdings nicht verraten. Nur so viel: „Wir müssen uns darauf konzentrieren, dass wir einen Arbeitsmarktzugang für die Asylberechtigten schaffen. Wie, wird sich weisen.“

In der derzeit heiß debattierten Flüchtlingsfrage – Stichwort Zeltstädte – gab sich der Sozialminister recht kritisch: „Ich finde das grundsätzlich überhaupt nicht ok. Das muss das eine Notmaßnahme für einige Tage bleiben.“

"Versachlichung" der Reformdebatte

Die Vorstöße des Koalitionspartners bezüglich Pensionsreform – Sebastian Kurz hatte erst heute ein höheres Tempo gefordert – will Hundstorfer nicht weiter kommentieren. Den Termin zur Pensionsreform, den 29. Februar 2016, wolle er wie geplant einhalten.

Er fordert statdessen eine „Versachlichung“ der Diskussion. Dem Vorwurf der VP, man befinde sich auf der „Kriechspur“, entgegnet er Folgendes: „15 Prozent der Frauen gehen aus der Arbeitslosigkeit in die Pension. Daneben gibt es die Vereinbarkeitsfrage und die Gehaltsschere.“ Diese Dinge müssten ebenso geklärt werden - und zwar genauso schnell.

Industriellenvereinigung (IV), Wirtschaftskammer und ÖVP-Wirtschaftsbund sowie die Oppositionsparteien FPÖ, Grüne, Neos und Team Stronach haben Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) am Sonntag für dessen Pläne eines Überstunden-Euros und einer Wertschöpfungsabgabe kritisiert. Damit werde die Wirtschaft zusätzlich belastet, so der Tenor auf Hundstorfers Vorstoß in der ORF-Pressestunde.

Wirtschaftsbund-Generalsekretär und ÖVP-Wirtschaftssprecher, Peter Haubner, sagte, die Ruhe des Sozialministers angesichts der steigenden Arbeitslosenzahlen sei "verblüffend". Er forderte Hundstorfer zum Handeln auf, die Wirtschaft dürfe aber nicht zur Kasse geben werden. Auch der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, lehnt eine Belastung für Unternehmen ab. "Das Motto 'Wie bestrafe ich die Wirtschaft?', nach dem da gedacht wird, ist weder sozial noch gerecht und auch nicht zielführend", erklärte Wirtschaftskammer-Generalsekretärin Anna-Maria Hochhauser in einer Aussendung.

Die Freiheitlichen sehen in Hundstorfer "die personifizierte Bankrotterklärung sozialistischer Arbeitsmarktpolitik", wie FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl mitteilte. Für die Grünen ist es "retro zum Quadrat", im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit nur auf Wirtschaftswachstum zu setzen, sagte die Grüne Arbeitnehmersprecherin Birgit Schatz. Der Überstunden-Euro sei nur "nice to have". Für Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker bleibe Österreich mit Hundstorfers "Stillstand-Politik" weiter auf der "Verliererstraße". Team-Stronach-Klubobfrau Waltraud Dietrich nannte den Überstunden-Euro eine "Milchmädchenrechnung".

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