Marterbauers "Preiseingriff": Worauf sich die Regierung einigen könnte

BUDGETAUSSCHUSS DES NATIONALRATES - EXPERTINNENHEARING: MARTERBAUER
Der SPÖ-Finanzminister hat eine breite Debatte über Lebensmittelpreise ausgelöst. Was dahinter steckt, welche Reform realistisch ist.

Keine Ministerräte, keine Parlamentstage, Urlaub: Im Sommer fallen nur selten politische Entscheidungen. Debatten bleiben meist ohne Konsequenzen – und ohne Substanz. Gilt das auch für jenen Vorschlag, den Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) am Montag in den Salzburger Nachrichten gemacht hat?

Dort wiederholte er die altbekannte SPÖ-Forderung während der Teuerungskrise, Preiseingriffe bei den Lebensmitteln vorzunehmen. Marterbauer verwies auf Spanien, das mit mäßigem Erfolg die Mehrwertsteuer auf einige Produkte gesenkt hatte. Gleichzeitig betonte er, dass sich Österreich aus budgetären Gründen keine Mehrwertsteuersenkung leisten könne. Was schlägt der Finanzminister also eigentlich vor? Oder wollte er, ähnlich wie Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) bei der Teilzeit, nur eine Debatte anstoßen?

So könnte man es interpretieren. Er habe „kein konkretes Modell im Kopf“, meinte Marterbauer selbst. Während die Pinken Preiseingriffen einen klare Absage erteilen, fällt die Reaktion der ÖVP ähnlich vage aus wie Marterbauers erster Vorstoß.

ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti schließt einen „klassischen Preiseingriff“ wie in Spanien oder Ungarn – wovon auch die meisten Experten abraten – aus. Sollten die Preise jedoch davongaloppieren, würde man auf andere Weise Maßnahmen ergreifen. Das ist kein Nein.

Begrifflichkeit stört ÖVP

Von einer Luftnummer kann tatsächlich keine Rede sein. Marterbauer hat die Debatte dem Vernehmen nach nicht nur gezielt forciert, politische Folgen sind auch realistisch. Auslöser ist die nach wie vor hohe Inflation in Österreich, die im Juli auf 3,5 Prozent kletterte – deutlich über EU-Durchschnitt. Die Lebensmittelkosten sind in den vergangenen Jahren stärker gestiegen als die Inflationsrate.

Die ÖVP stört sich zwar am Begriff „Preiseingriff“ – weil er gemeinhin mit einem Preisdeckel gleichgesetzt wird. Sie verhehlt aber nicht, dass die aktuelle Preissteigerung problematisch ist. Konkret ist bei drei Punkten ein Kompromiss möglich, um Lebensmittelpreise zu senken.

Welche Lösungen realistisch sind

Erstens: In der EU gibt es territoriale Lieferbeschränkungen durch große Markenartikelhersteller. Das sorgt dafür, dass Produkte in einzelnen Ländern unterschiedlich teuer sind. Kleinere Länder wie Österreich gelten hier als besonders benachteiligt, die Bundeswettbewerbsbehörde spricht von einem „Österreich-Aufschlag“. Die EU-Kommission denkt ein Verbot der Praxis an. Dafür will sich auch Marterbauer auf EU-Ebene einsetzen – und darf wohl auf die Unterstützung der ÖVP zählen.

Zweitens, diesen Punkt spricht Marchetti selbst an, könnte man gegen die sogenannte „Shrinkflation“ vorgehen. Gemeint ist das Verkleinern von Packungsgrößen bei gleichbleibendem Preis – um die Teuerung zu verschleiern. Und drittens könnten Maßnahmen ergriffen werden, um Preise sowie Preissteigerungen transparenter zu machen. Bereits Türkis-Grün wollte eine Preisdatenbank umsetzen, scheiterte aber.

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