Inflationäre Schnapsideen

Inflationäre Schnapsideen
Die Bundesregierung will im Kampf gegen die hohen Preise zunehmend in die freie Marktwirtschaft eingreifen. Das wird zum Problem für den Standort.
Robert Kleedorfer

Robert Kleedorfer

Es hat zu gut geklungen: Wer zur Miete wohnt, erhält unter gewissen Voraussetzungen sämtliche Erhöhungen im Zeitraum von bis zu 30 Jahren zurück. Grund dafür ist eine Klausel aus dem Konsumentenschutzgesetz, die in vielen Mietverträgen schlecht formuliert ist oder gänzlich fehlt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) urteilte bis vor Kurzem, dass in diesen Fällen eben die Mieter viel Geld zurückverlangen können. 

Doch vergangene Woche revidierte der OGH seine Spruchpraxis um 180 Grad, die klagende Mieterin blitzte ab, weil die entsprechende Klausel gar nicht anwendbar sei, urteilte das Gericht. Dass sich der OGH selbst korrigierte, ist bemerkenswert. Offenbar haben die Juristen spät, aber doch, erkannt, dass eine Rückzahlung von bis zu 30 Jahren überschießend und realitätsfremd ist. Und nicht nur die Immobilienwirtschaft, sondern auch andere Branchen mit langfristigen Kundenverträgen in die Bredouille bringen könnte.

Die Vermieter dürfen nun aufatmen. Vorläufig. Denn die Bundesregierung hat für Herbst eine Gesetzesinitiative angekündigt, die für sie nichts Gutes verheißt. So soll die Befristung für Wohnungen, die dem Mietrechtsgesetz (MRG) unterliegen, von drei auf fünf Jahre verlängert werden. Aber der noch größere Brocken ist die Absicht, in die Preisgestaltung am freien Mietmarkt einzugreifen, also dort, wo es keine Preisbindungen wie vor allem bei den klassischen Zinshäusern gibt.

Schon vier Mal mussten in den vergangenen Jahren Vermieter kurzfristig auf die Erhöhung von MRG-Mieten verzichten (zuletzt heuer), weil die jeweilige Bundesregierung dies als Mittel im Kampf gegen die Inflation verschrieben hat. Dabei müssen Vermieter ja selbst ebenfalls die Inflation schultern, Sanierungen oder Reparaturen wurden auch für sie teurer. Preisbremsen und Leerstandsabgaben werden private Investoren nicht animieren zu bauen oder zu vermieten. Dabei werden rund 50.000 zusätzliche Wohnungen im Land benötigt.

Preiseingriffe bei Nahrungsmitteln

Der Kampf gegen die weiterhin hohe Inflation, die die letzte Bundesregierung mitverursacht hat, treibt aber auch abseits des Wohnungsmarktes skurrile Blüten. Finanzminister Markus Marterbauer kann sich Preiseingriffe bei Nahrungsmitteln vorstellen. Das gab’s das letzte Mal in Österreich in den 80er-Jahren. 

Ungarns Viktor Orbán versuchte dieses Rezept vor wenigen Jahren. Der Handel verteuerte im Gegenzug andere Produkte, billiger wurde Einkaufen somit nicht. Und in Spanien strich die Regierung die Mehrwertsteuer für einige Produkte – was außer das Budget zu belasten nichts brachte. 

Der Staat würde mehr helfen, indem er auf einen funktionierenden Wettbewerb und Transparenz achtet. Wo bleibt eigentlich die schon lange versprochene Preisvergleichsplattform?

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