OGH-Urteil zu Mieten wird widersprüchlich interpretiert

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Konsumentenschützer bewerten rechtliche Situation anders als Immobilienwirtschaft.

Vergangene Woche hat der Oberste Gerichtshof, wie berichtet, ein richtungsweisendes Urteil bezüglich Vermietungen getroffen. Laut OGH wurden Mietzinserhöhungen aufgrund von Indexklauseln (meist Verbraucherpreisindex) auch dann zulässig vereinbart, wenn in den Klauseln nicht darauf hingewiesen wird, dass der Mietzins in den ersten zwei Monaten nach Mietbeginn nicht erhöht werden dürfe.

Der ausschlaggebende Punkt für diese Sichtweise: Wertsicherungsklauseln, die im Konsumentenschutzgesetz geregelt sind, sind dem Senat zufolge auf Dauerverträge (wie Miet-, Strombezugs-, Internet-, Kreditverträge) gar nicht anwendbar. Diese Regelung gelte nur für Verträge, die der Unternehmer binnen zwei Monaten zu erfüllen habe.

Signal für Stabilität

Die Immobilienbranche begrüßt dieses Urteil. Der Obmann der Wiener Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder Michael Pisecky sieht in der aktuellen Entscheidung „ein Signal für Stabilität in Österreich. Eine anderslautende Entscheidung hätte schwerwiegende Folgen, nicht nur für die gewerbliche Immobilienwirtschaft, gehabt, auch für den kommunalen Wohnbereich und letztlich für die Gesamtwirtschaft. „Seit 2023 gab es bei Wertsicherungsklauseln unter anderen auch in Mietverträgen eine Unklarheit, die mit diesem Urteil vom Höchstgericht endlich geschlossen wurde“, so Pisecky, der überzeugt ist, dass damit die Unsicherheiten ausgeräumt wurden. „Es liegt ein sehr umfangreiches Urteil am Tisch. Das Höchstgericht hat in der Urteilsbegründung nicht nur gegenteilige Vorentscheidungen mitberücksichtigt, auch ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes und die Absicht des Gesetzgebers wurden sehr sorgfältig abgewogen. Ich gehe davon aus, dass das Urteil Bestand hat und die Rechtssicherheit bleibt.“

Die Obfrau des Verbraucherschutzvereins (VSV), Daniela Holzinger-Vogtenhuber, hofft hingegen, dass künftige Urteile in noch laufenden Verfahren wieder anders ausfallen. „Das ist allerdings nicht vorhersehbar; wahrscheinlicher ist es, dass der OGH einen Weg findet, dass man überhöhte Mieten aufgrund von Wertsicherungsklauseln, die gegen das Konsumentenschutzgesetz verstoßen, nicht rückfordern kann“, fürchtet sie. Zugleich gibt sie sich kämpferisch: „Noch ist nicht alles verloren!“ Die laufende Sammelklage gegen überhöhte Mieten will der VSV jedenfalls fortsetzen, allerdings nur mit Deckung eines Prozessfinanzierers, da die Erfolgsaussichten gesunken seien.

Die Arbeiterkammer wiederum warnt vor voreiligen Schlüssen aus dem Urteil bei Mietverträgen. Denn Wertsicherungsklauseln könnten weiterhin rechtswidrig sein, etwa wenn sie nur Erhöhungen zulässt, aber Senkungen ausschließt; vordatiert ist – also schon vor Vertragsbeginn zur Mietanhebung führt; undurchsichtig formuliert wurde oder auf ungeeignete oder willkürliche Indizes Bezug nimmt.

Die AK führt aktuell mehrere Musterverfahren, um zu klären, welche Klauseln tatsächlich unzulässig sind. Endgültige Entscheidungen erwartet sie frühestens 2026.

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