Präsidialer Rundumschlag: Van der Bellen liest Politik am Berg die Leviten

Präsidialer Rundumschlag: Van der Bellen liest Politik am Berg die Leviten
In seiner Heimat im Tiroler Kaunertal mahnt der Amtsträger im Wahlkampfmodus: „Politiker müssen führen, nicht verführen“

Die Blessuren sind kaum noch sichtbar. Nur eine kleine Abschürfung unter dem Auge zeugt noch, von dem Ausrutscher beim Wandern vor wenigen Tagen.

Mit schnellem Schritt zieht Alexander Van der Bellen einen Steig hinauf, vorbei an einem rauschenden Bach, im Gefolge einen Tross von Journalisten und Fotografen.

Fitness-Beweis

Die sind am Montag ins Tiroler Kaunertal – die Heimat des 78-Jährigen, der eine zweite Amtszeit als Bundespräsident anstrebt – angereist.

„Lassen wir es als Beweis gelten“, wird er später auf die Frage antworten, ob er mit dieser Wanderung auf die Verpeilhütte in 2.015 Meter Höhe seine Fitness demonstrieren will.

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Der Bundespräsident wurde von Ehefrau Doris Schmidauer begleitet

Erinnerungen an den Wahlkampf 2016 werden wach. Damals musste sich der grüne Kandidat mit Gerüchten um seine angeblich angeschlagene Gesundheit herumschlagen. Und ging als Antwort ebenfalls mit Journalisten im Kaunertal auf die Berge seiner Kindheit.

Damals wie heute geht es aber auch um die Bilder, die zeigen sollen: Der Wirtschaftsprofessor aus der Stadt kommt aus einem engen V-Tal und ist heimatverbunden.

Im breiten Dialekt

Oben auf der Hütte angelangt wird Van der Bellen von einer Tanzlmusik empfangen. „Das schönste auf der Welt ist mein Tiroler Land“, tönt es über das „Schianabödele“.

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Eine Szene, wie aus einer Tourismuswerbung. Mit Einheimischen parliert der Präsident, begleitet von seiner Frau Doris Schmidauer und Hund „Juli“, im breiten Dialekt.

„Österreich-Erklärung“

An einem in die Natur vor die Kulisse der umliegenden Dreitausender gepflanzten Redepult holt der Bundespräsident wenig später zu einer „Österreich-Erklärung“ aus. Es ist sein inoffizieller Wahlkampfauftakt, der in eine Zeit multipler Krisen fällt.

Als Bundespräsident habe er „den Blick immer auf das große Ganze zu richten“, sagt Van der Bellen und mahnt mehrfach: „Politiker müssen führen, nicht verführen.“

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Rechtspopulisten dürfen sich angesprochen fühlen. Ohne Parteien oder Politiker beim Namen zu nennen, teilt der Bundespräsident zwischen den Zeilen aus. Politiker dürften die eigenen Fähigkeiten „nicht zur persönlichen Bereicherung, nicht für die eigenen Freunderln“ einsetzen.

Gespräch mit Karner

Ein anderes No-Go für Van der Bellen, offenkundig an VP-Innenminister Gerhard Karner gerichtet, ist es, „die Rechtsstaatlichkeit infrage zu stellen“. Mit ihm werde er in den nächsten Tagen „das Gespräch suchen“, so der Präsident auf Nachfrage in Anspielung auf den Fall der abgschobenen Tina.

Gleich zu Beginn seiner Rede kommt der Ex-Grüne-Chef auf die Klimakrise zu sprechen. Beim Kampf gegen diese will er „keine Ruhe geben.“ Man müsse den Menschen „die Wahrheit sagen, auch wenn sie unbequem ist.“, Er selbst stehe für „Stabilität und Verlässlichkeit“.

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Einmal mehr spricht er sich für Solidarität in der Ukraine-Krise aus, deren Folgen für die Menschen in der Teuerung längst spürbar sind, und hält fest: „Wir dürfen in Österreich niemand zurücklassen.“

Die von der Bundesregierung geschnürten Hilfspakete bewertet der Bundespräsident positiv, aber: „Die Kommunikation in diesen Dingen ist verbesserungsfähig.“ Für eine zweite Amtszeit sieht sich der Tiroler gerüstet und mutmaßt, im „reifen Alter“ vielleicht „meine Bestimmung gefunden“ zu haben.

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