Posten nach Parteibuch: "Die FPÖ holt gerade auf"

Strache mit seinem Handy (Archivbild).
Strache-SMS wirft Licht auf Vergabe-Praxis von Spitzenjobs. Politologe: "SPÖ und ÖVP haben sich in Apparate hineingefressen."

Ein SMS-Hoppala von Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat eine Diskussion über die Besetzung von staatsnahen Spitzenjobs nach Parteibuch ausgelöst.

Strache hatte in seinem – falsch verschickten – SMS geschrieben: Das ÖVP-Finanzministerium plane die Verlagerung der Bankenaufsicht in die Finanzmarktaufsicht. Diese würde die Bestellung von vier Direktoren in der Nationalbank unterlaufen und laut Strache "unsere Macht dort schwächen". Der FPÖ-Chef weiter: "Wie sollen wir einen 4. Direktor argumentieren, wenn dieser keine Arbeit mehr hat? Sonst muss der zweite Direktor auch von uns sein."

Später kalmierte Strache auf Facebook, seine Überlegungen zeigten, "wie verantwortungsvoll wir mit den inhaltlich notwendigen Reformen (zukünftige Prüfkontrollaufgaben in der OeNB und FMA) und Personalentscheidungen umgehen". Dass Nationalbank-Posten "immer schon von der Regierung mit Experten besetzt wurden, ist ja wohl kein Geheimnis".

Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik sagt im Gespräch mit dem KURIER, Österreich sei bei der Vergabe von Ämtern in staatsnahen Unternehmen und der Verwaltung stärker (partei-)politisiert als die meisten EU-Länder. "Die FPÖ war jahrzehntelang in dieser Hinsicht ein Lehrling, und die Großmeister waren Rot und Schwarz. Sie schließt aber gerade auf zu ihren Meistern. Die Freiheitlichen ziehen das mittlerweile genauso wie die beiden anderen Parteien durch", sagt Ennser-Jedenastik. Der Politologe von der Uni Wien hat in seiner Dissertation von 2012 die Postenbesetzungen in Kapitalgesellschaften mit mindestens 50 Prozent Bundesbeteiligung untersucht. Untersuchungszeitraum war 1995 bis 2010.

Ruf nach Hearings

"Gerade für hohe Besetzungen wäre ein Hearing im Parlament angebracht", fordert Ennser-Jedenastik. Es müsse beispielsweise nicht jeder Aufsichtsrat der Autobahngesellschaft Asfinag einem Hearing unterzogen werden, aber beim Nationalbank-Gouverneur, Verfassungsrichtern oder Richterkandidaten für den Europäischen Gerichtshof wäre dies sehr sinnvoll. "Solche Hearings hätten vermutlich den Effekt, dass dort nur Leute hingehen, die sich zutrauen, dieses gesichtswahrend zu bestehen", sagt Ennser-Jedenastik. "Das Ziel ist nicht immer, dass die Besten zum Zug kommen, sondern dass jene, die fachlich nicht in Frage kommen sollten, es auch nicht werden."

Ein Vorbild ist der Rechnungshof. Dort musste sich Präsidentin Margit Kraker wie die anderen Kandidaten einem Hearing stellen.

Österreich nur vor Griechenland

Im internationalen Vergleich schneidet Österreich schlecht ab: Das Land gilt als anfällig für parteipolitischen Protektionismus. In einer Studie der Universität Leiden von 2016 wird in der EU nur in Griechenland die Parteibuchwirtschaft als noch dominanter eingestuft. Basis der Ergebnisse waren Experten-Interviews in den verschiedenen Nationen.

Vor allem SPÖ und ÖVP stark verankert

Die SPÖ, die nun ein "parteipolitisches Herumfuhrwerken" in der Nationalbank zum Schaden Österreichs sieht, zehrt bei Besetzungen in Verwaltung und staatsnahmen Betrieben freilich auch in der Opposition noch davon, im Bund lange an den Hebeln der Macht gesessen zu sein. "Die SPÖ und die ÖVP haben sich jahrzehntelang sozusagen in diese Apparate hineingefressen. Daher sind die beiden Parteien in den Gremien so stark verankert, dass sie auch nach einigen Jahren Opposition nicht daraus verschwinden", sagt Ennser-Jedenastik.

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