Wie reagierte man auf Sie?
Es wäre eine Lüge, zu behaupten, dass von Beginn an alles superglatt gelaufen ist. Wesentlich war für mich die Erkenntnis, dass Männer schon anders kommunizieren. Auch auf die militärische Befehlssprache musste ich mich erst einlassen.
Gab es Momente, wo Sie das bereut haben?
Diese Momente gibt es, glaube ich, in jedem Job, aber grundsätzlich bereue ich es überhaupt nicht.
Was war das Tolle?
Die Auslandseinsätze: nicht nur Peace Keeping-Einsätze, sondern ich durfte auch Mitglied der United Nation Disaster Assessment Coordination Teams sein. Das waren damals 150 Personen weltweit, die bereit stehen, um Katastropheneinsätze zu koordinieren. Ich war zum Beispiel in Afrika und Lateinamerika und im Inland beim Lawinenunglück in Galtür aktiv.
In der Pandemie war das Heer sehr präsent. Hätten Sie sich eigentlich auch im Tarnanzug präsentiert wie seinerzeit der Generalstabschef als Teil der Covid-Krisenkoordination?
Das ist eine neue Uniform, ich selbst habe sie noch gar nicht. General Striedinger wollte damit zeigen, dass das Bundesheer nicht nur in der schönen grauen Uniform agiert, sondern auch tatkräftig im Einsatz steht. Das Heer ist im Vertrauen gestiegen, hat Impf- sowie Teststraßen und Contact Tracing gemacht. Dank der militärischen Organisation kann man gut planen und arbeiten.
Wären wir für eine neue Pandemie gerüstet?
Wir sind besser vorbereitet, aber Bewältigungsmaßnahmen sind immer von der Art des Erregers abhängig.
Sind wir auch auf ein Blackout vorbereitet?
Das Heer bereitet sich laufend darauf vor, alle rund 100 Kasernen autark zu machen, um den Dienst aufrechterhalten zu können. Einige Kasernen sind auch zur Unterstützung für andere Rettungsorganisationen vorgesehen. Auch die Bevölkerung ist besser informiert als früher.
Welche Rolle spielt die militärische Gesundheitsversorgung bei Terroranschlägen?
Das zählt zu unseren ureigensten Aufgaben: Wenn es in einem Einsatzfeld Verletzte gibt und man nicht genau weiß, ob noch Schüsse fallen, dann ist es gut, dass es eine Sanität gibt, die geschützt hineingeht und weiß, wie man Verletzte birgt.
Wird die Tauglichkeit der Stellungspflichtigen wirklich immer schlechter?
Wir beobachten schon seit Jahren die Zunahme von Zivilisationskrankheiten: Übergewicht, psychische Erkrankungen, Einschränkungen beim Sehen und Hören, Allergien und ein beeinträchtigter Bewegungsapparat. Beim typischen Couch Potatoe kommen solche Komponenten zusammen.
Das Heer könnte eigentlich Gesundheitsvorsorge lehren.
Die Prägung gesund zu leben beginnt schon vor der Zeit im Bundesheer. Was davor, also in der Familie oder Schule etc. nicht begonnen wurde, ist im Rahmen des Grundwehrdienstes schwer einzuholen
Und wie steht es um die Wehrbereitschaft?
Weil wir über Jahrzehnte im tiefsten Frieden gelebt haben, ist die Wehrbereitschaft quer durch die Generationen gesunken. Da braucht es im Sinne der umfassenden Landesverteidigung eine Veränderung, was schon in der frühen Bildung beginnen sollte.
Was halten Sie von einem verpflichtenden Wehr- bzw. Sozialdienst für Mädchen?
Grundsätzlich fände ich eine militärische Grundausbildung für Frauen gut. Eine Verpflichtung halte ich aber für schwierig, wenn man den „Lebensrucksack“ der Frauen betrachtet, was Kinderbetreuung, Pflege der Eltern, inklusive der großen Lohnschere betrifft.
Würden dem Heer mehr Frauen guttun?
Ein klares Ja. Die Frauen im Heer agieren ehrgeizig und professionell. Ich glaube, dass Frauen ein anderes Leadership haben – nicht softer, sondern breiter. Das kann in Krisen positive Wirkung haben.
Versuchen Sie, Frauen zum Heer zu motivieren?
Ja. Das Militär ist ja die Wiege des Führens. Das ist auch eine gute Basis für einen Top-Job außerhalb des Heeres. Ich würde es jeder jungen Frau, die Interesse fürs Militär hat, abenteuerlustig und sportlich ist, empfehlen.
Sie sind nebenher Wahlärztin für Traditionelle Chinesische Medizin in Amstetten. Interessante Kombination, hätte ich nicht bei einer Angehörigen des Bundesheeres vermutet.
Die Traditionelle Chinesische Medizin ist strukturierter, als man denkt. Um Krankheiten zu bekämpfen, bedarf es durchaus entsprechender Behandlungsstrategien. Meine Alternative ist die westliche Medizin, auf die ich gerne zugreife, wenn die TCM nicht die adäquate Behandlungsmethode ist . Meine Funktion als Heeressanitätschefin lässt für die TCM aber nicht viel Zeit.
Sie haben viele Ausbildungen: Lernen Sie gerne?
Ich habe nie wirklich viel und gerne gelernt, aber ich bin wissensdurstig und es gefällt mir, die unterschiedlichen Säulen der Natur- und der Geisteswissenschaft zusammenzuführen.
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