Was Haselsteiner bewirken kann

Hans-Peter Haselsteiner
Nationalratswahl 2013: Die Kandidatur des Wirtschaftsbosses trifft die ÖVP.

Die überraschende Kandidatur von Hans Peter Haselsteiner bringt Bewegung in den Wahlkampf. Mit Sicherheit lässt sich derzeit sagen, dass die Chancen der Neos, die Vier-Prozent-Hürde ins Parlament zu nehmen, steigen. Ohne den bekannten und eloquenten Wirtschaftsboss hätten sie keine Chance. In Umfragen liegen die Neos derzeit bei etwas über zwei Prozent. Mit Haselsteiner fällt das abschreckende Argument für potenzielle Wähler, sie könnten eine verlorene Stimme abgeben, weg.

Seriöse Umfragen über die neue Kandidatur sind aus Erfahrung erst in acht Tagen zu erwarten. Außerdem hängen die Chancen der Neos wesentlich davon ab, wie viel mediale Präsenz ihr neuer Spitzenkandidat erzielt. In den ORF-Konfrontationen ist er nicht dabei, das Privatfernsehen zeigt aber Interesse.

Haselsteiner wird österreichweit auf Dreieckständern beworben werden, Großflächenplakate sind nur in Wien und Innsbruck geplant. Sehr aktiv sind die Neos in den sozialen Netzwerken, geplant sind auch Inserate in Printmedien, je nachdem, was das Spendenaufkommen hergibt. Zusätzlich will Haselsteiner auf Bundesländer-Tour gehen.

Die Neos sind eine wirtschaftsliberale Reformpartei, die vom früheren Liberalen Forum unterstützt wird.

Mit seiner klaren Positionierung als Reformer trifft Haselsteiner vor allem die traditionelle Wirtschaftspartei ÖVP. Deren Chef Michael Spindelegger bemüht sich zwar, die Wirtschaft anzusprechen, doch die Reformen, die die Spitzenunternehmen für wichtig halten, finden im ÖVP-Programm kaum Niederschlag und werden von den schwarzen Gewerkschaftern (etwa bei der Bildung) ständig konterkariert. Das hinterlässt in Wirtschaftskreisen Frust.

Knabbern könnte Haselsteiner auch am Potenzial von Frank Stronach. Der Magna-Gründer wird von einem Teil seiner Anhänger wegen seiner unternehmerischen Leistungen geschätzt, entpuppt sich aber immer mehr als nicht ernst zunehmend. Einmal zieht er sich öffentlich aus, ein andermal trägt er im Plauderton auf, die Todesstrafe ins Parteiprogramm zu schreiben. Einfach so. Für Wähler, die mehr wirtschaftlichen Verstand in der Politik haben wollen, ist Haselsteiner zweifellos das seriösere Angebot als Stronach.

Für BZÖ-Chef Josef Bucher ist das politische Überleben noch schwieriger geworden.

Grünen und SPÖ kann Haselsteiner wohl nur in jenem Splittersegment schaden, das einst Heide Schmidt wählte.

Voraussetzung, dass die Neos in der Regierung mitmischen, ist der Einzug ins Parlament. Wenn sie einziehen, sind die Chancen auf Regierungsbeteiligung gar nicht so schlecht. Sollten SPÖ und ÖVP am 29. September beide ein Minus vor dem Ergebnis haben, und nur mehr eine wacklige Mehrheit im Nationalrat erzielen, könnte Haselsteiner tatsächlich ein Rettungsanker sein, indem er frischen Wind in die rot-schwarze Dauer-Koalition bringt. Mit den pro-europäischen, wirtschaftsfreundlichen Neos hätten SPÖ und ÖVP auf Bundesebene vermutlich weniger Grundsatz-Konflikte als mit den anderen Parteien.

Comeback statt Pensionsschock: Erst im Juni gab Hans Peter Haselsteiner den Vorstandsvorsitz bei der Strabag ab, immerhin eines der größten Bauunternehmen Europas. Und ab jetzt ist der Liberale, er saß von November 1994 bis Mai 1998 für das LIF im Parlament, mit lauter Stimme zurück auf der politischen Bühne.

Was Haselsteiner bewirken kann

Bisher spendete Haselsteiner bloß viel Geld: 450.000 Euro für die Wahlplattform Neos, die sich mit dem neuen LIF verbündet hat. Jetzt will er für die Pinken den Intensivwahlkampf eines Spitzenkandidaten bestreiten; im Fall des Falles Koalitionsverhandlungen führen und ein Ministeramt herausholen: Wirtschaft, Finanzen oder auch Soziales.

Wille zur Macht

Hans Peter Haselsteiner, dessen 30 Prozent Strabag-Anteil um die 700 Millionen Euro schwer ist, weiß was er will. Und was er nicht will. Zum Beispiel, dass man ihn mit Frank Stronach vergleicht. Dabei gebe es durchaus Parallelen: Zwei in die Jahre gekommene, sehr wohlhabende, weil sehr erfolgreiche Unternehmer, greifen aus Frust über den rot-schwarzen Stillstand ins politische Geschehen ein.

Die Unterschiede liegen ebenso auf der Hand: Während für die Neos die Vier-Prozent-Hürde, um den Einzug ins Parlament zu schaffen, keineswegs fix genommen ist, konnte Stronach – so nicht noch ein paar abstruse Todesstrafen-Vorschläge kommen, bisher auf ein Ergebnis von bis zu zehn Prozent hoffen. Außerdem, so Leider-Nein-Milliardär Haselsteiner: „Mit einer zusammengekauften Söldnertruppe gewinnt man keine Schlacht. Schon gar nicht, wenn man den Kommandanten nicht versteht.“

Doch auch mit Neos-Spitzenkandidat Matthias Strolz dürfte es noch Abklärungsbedarf geben: Strolz wollte bisher vor allem Bildungsminister werden – Haselsteiner will Wirtschaft/Finanzen für sich. Strolz ist ganz klar gegen neue Steuern, Haselsteiner ist ein Fan der Millionärssteuer, wenn auch die Steuerquote insgesamt nicht steigen dürfe. Und auch was mögliche Koalitionsvarianten angeht, gibt es Differenzen: Strolz gefällt Schwarz-Grün-Pink am besten, Haselsteiner präferiert Rot-Schwarz-Pink.

Der Ex-Manager: „Dieser Regierung muss die Mehrheit genommen werden, sonst machen sie wieder fünf Jahre nichts.“ Die Grünen seien aber zu einer Verbots- und Gebotspartei verkommen, das könne er als Liberaler nicht unterstützen. Die dringlichsten Reformbereiche seien: Bildung, Pensionen, Verwaltung. Am besten sei dafür eine „stabile Mehrheit“. Haselsteiner meint damit die große Koalition „plus ein neues Element“. Und dieses neue Element will er selbst sein.kurier.at/wahl2013Hans Peter Haselsteiner im Porträt

Kommentare