Doch Insolvenz? ÖVP sucht Hypo-Befreiungsschlag

Doch Insolvenz? ÖVP sucht Hypo-Befreiungsschlag
Mit den rosigen Zeiten könnte es für die ÖVP bald wieder vorbei sein.

Seit dem Wechsel ihres Spitzenpersonals befindet sich die ÖVP im Aufwind. Hans Jörg Schelling signalisiert Fachkompetenz im Finanzministerium. Mit Reinhold Mitterlehner hat die ÖVP einen politischen Vollprofi an ihrer Spitze, der seit seinem Amtsantritt sehr geschickt Fehler seiner Vorgänger korrigiert hat.

So hat Mitterlehner mehrere unhaltbare Positionen der ÖVP aufgegeben: Er hat im Bildungsbereich das Denkverbot über die Gesamtschule aufgehoben, und damit die ÖVP aus dem Beton-Eck geholt. Er hat sich an allen Kammerfunktionären vorbei persönlich via Twitter für ein absolutes Rauchverbot ausgesprochen. Und er hat die ÖVP aus der Sackgasse herausmanövriert, gegen eine Steuersenkung zu sein.

So weit, so gut. Aber mit den rosigen Zeiten könnte es für die ÖVP bald wieder vorbei sein.

Ab März steht nämlich die Hypo auf dem Spielplan, ein für die ÖVP mehrfach unangenehmes Stück.

Von der Not-Verstaatlichung der Hypo im Jahr 2009 an haben drei ÖVP-Finanzminister die Letztverantwortung für die Entscheidungen zu tragen: Josef Pröll, Maria Fekter und Michael Spindelegger. Während die Vorgeschichte der Hypo in Kärnten bereits relativ gut aufgearbeitet ist, gibt es in den Jahren ab 2009 noch eine Menge unausgeleuchteter Winkel, derer sich der parlamentarische Untersuchungsausschuss annehmen wird.

Auch Fehler der Verwaltung oder staatlicher Institutionen werden den Regierungsparteien auf den Kopf fallen. Wenn also etwa im Untersuchungsausschuss die Nationalbank zerzaust wird, werden die Versäumnisse dieser rot-schwarzen Proporz-Institution auch der ÖVP angelastet werden.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die ÖVP nach einem Befreiungsschlag sucht. Dem Vernehmen nach ist eine Variante, die Hypo doch noch in die Insolvenz zu schicken. Das wäre ein Paukenschlag und würde der Opposition, die die Insolvenz vehement fordert, Wind aus den Segeln nehmen.

Insolvenz-Ideen zu wälzen ist das Eine, sie in die Tat umzusetzen, erscheint jedoch nicht ganz einfach.

Schon Ex-Finanzminister Michael Spindelegger wollte vor einem Jahr die Insolvenz-Lösung – und hat sich damit an der SPÖ die Zähne ausgebissen. Die Frage lautet: Warum sollte die SPÖ jetzt einer Lösung zustimmen, die sie vor einem Jahr noch vehement abgelehnt hat? Das SPÖ-geführte Bundesland Kärnten ist bei Weitem noch nicht aus dem Schneider: Kärnten haftet immer noch für 11,8 Milliarden Euro Hypo-Anleihen. Im Falle eines Insolvenzverfahrens könnten die Gläubiger von Kärnten sofort die Zahlung einfordern, und das Land wäre pleite.

Oder wird eine Hypo-Insolvenz gegen eine Art von vermögensbezogenen Steuern eingetauscht? Denn gratis wird die ÖVP der SPÖ die Steuerreform nicht geben, wie aus ÖVP-zirkeln zu hören ist.

Widerstand gegen eine Hypo-Insolvenz könnte jedoch nicht nur von der SPÖ, sondern auch aus der Bankenwirtschaft kommen. Zwar ist das Balkan-Netz der Hypo verkauft und damit der südosteuropäische Schauplatz entschärft, dafür ist aber die Russland-Krise neu aufgetaucht. Österreichs Banken sind – gemessen an ihrer Größe – am stärksten in Russland exponiert, wie der Internationale Währungsfonds kürzlich festhielt. Vor dem Hintergrund der Russland-Krise könnte die Pleite einer österreichischen Bank die Glaubwürdigkeit der heimischen Geldinstitute beeinträchtigen, meint ein Experte.

Eine Insolvenz hätte allerdings einen großen Vorteil: sie wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit die günstigste Lösung für die Steuerzahler. Bayern würde auf einen Schlag im Rechtsstreit mit Österreich mehrere Milliarden verlieren.

Außerdem würde man, wenn man die derzeitige Hypo-Lösung mit Abbaugesellschaft und Rasur der Nachrang-Gläubiger rückgängig macht, einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zuvorkommen. Viele Juristen gehen davon aus, dass das derzeitige Sondergesetz in zumindest einer Hinsicht – nämlich der Benachteiligung der Nachrang-Gläubiger – vom Höchstgericht aufgehoben wird. Mit dem Erkenntnis ist vor dem Sommer zu rechnen.

Eine Aufhebung des Hypo-Sondergesetzes wäre für die ÖVP ebenfalls unangenehm. Es wäre politisch blamabel, aber es würde vor allem den Finanzminister einen neuen Milliardenbetrag kosten – auch eine Botschaft, die die ÖVP nicht gern überbringen möchte.

Kommentare