Plebiszit-Zwang: Kehrtwende in der SPÖ

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Klubchef Cap kann sich verpflichtende Volksbefragung nach erfolgreichen Volksbegehren nun vorstellen – unter ein paar Bedingungen.

Bis dato mauerten die Roten gegen mehr direkte Demokratie: Komplexe Materien eigneten sich nicht für Volksentscheide. Die ÖVP drängte hingegen darauf. Ihr Staatssekretär Sebastian Kurz setzte auf mehr Bürgermitsprache als Mittel gegen Politiker-Frust. Auch die Opposition verlangte Reformen. Und so stand die SPÖ immer mehr als alleiniger Bremser da. „Stimmt nicht“, sagt Klubchef Josef Cap. Als Beleg dafür skizziert er via KURIER die Vorstellungen seiner Partei.

Derzeit muss ein Volksbegehren, das von mehr als 100.000 Bürgern unterstützt wird, zwar im Parlament behandelt werden. Umgesetzt wird aber meist wenig. „Volksbegehren werden einfach verräumt“, moniert etwa Johannes Voggenhuber, Initiator des Demokratie-Begehrens (das freilich gefloppt ist).

Die Oppositionsparteien wollen nun gemeinsam einen neuen Umgang mit Plebisziten: Über Volksbegehren, die von zumindest vier Prozent der Bürger (also von etwa 250.000) unterstützt werden, soll es automatisch hinterher eine österreichweite Volksbefragung geben – sofern die Politik nicht realisiert, was die Bürger begehrten. Die ÖVP will eine höhere Hürde: Zehn Prozent der Bürger müssten ein Volksbegehren unterschreiben, damit hinterher auch eine Volksbefragung erzwungen werden kann.Was will die SPÖ? Cap: „Eine Beteiligung von bis zu zehn Prozent. Zwingend wäre die Volksbefragung, sofern die Einbringer des Begehrens das auch fordern.“

Was soll sich sonst noch ändern? Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hat beklagt, dass Volksbegehren mitunter „Wunschkataloge“ sind. Und so möchte Cap, dass Volksbegehren künftig Gesetzestexte beinhalten. Ein Gesetzestext mache es auch leichter, zu überprüfen, ob das Begehren für eine Volksbefragung taugt, meint der rote Fraktionsführer. Wer soll das bewerten? „Eine Clearing-Stelle. Das könnte der Rechtsdienst des Parlaments oder der Verfassungsgerichtshof sein.“ Zu untersuchen sei, „ob der Text verfassungskonform ist, ob er den Grund-, Freiheits- und Menschenrechten sowie EU-Verträgen nicht widerspricht“.

Zudem sollte möglich sein, dass die Parlamentarier von sich aus ein Gesetz formulieren. „Dann könnten die Bürger bei einer Volksbefragung auch über einen Alternativtext befragt werden“, so Cap. Nach einer Volksbefragung ist das Parlament gefordert, über die Umsetzung zu beraten.

Einig sind sich SPÖ und ÖVP bereits darin: Die für ein Volksbegehren nötigen Unterschriften sollen auch online gesammelt werden können; nach erfolgreichen Begehren soll es eine eigene Nationalratssitzung (samt Rederecht der Initiatoren) geben. Und Bürgern soll möglich sein, Anfragen an die Regierungsmitglieder zu stellen.

Um all das realisieren zu können, ist eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat vonnöten, damit der Sanktus von einer Oppositionspartei.

Ist davon auszugehen, dass es mit der Demokratie-Reform vor der Wahl noch etwas wird? Cap: „Wir sind bereit, das noch vor dem Sommer zu machen. Wir stellen unser Modell nun in die Diskussion mit den anderen Parteien. Jetzt sind die am Zug.“

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