Plagiatsgutachten: "Nur die Universität kann Titel aberkennen"

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ÖVP-Abgeordneter legt Magistertitel nach Plagiatsgutachten zurück, doch das obliegt der Universität, sagt Plagiatsforscher Weber.

Wenige Wochen nachdem Christine Aschbacher wegen Plagiatsvorwürfen zurückgetreten ist, hat Plagiatsforscher Stefan Weber erneut ein Gutachten eines Politikers erstellt. "Lange bevor ich mich mit der Diplomarbeit und Dissertation von Christine Aschbacher befasst habe", wie Weber im KURIER-Gespräch sagt.

Weber ist beauftragt worden, die Diplomarbeit "Die Kanadische Kompetenzverteilung und ihre mögliche Bedeutung für die föderalistische Debatte innerhalb der EU" (Anmerkung: kanadisch müsste im Titel klein geschrieben sein) von Peter Weidinger zu überprüfen.

Weidinger reichte die Diplomarbeit 2003 an der Karl Franzens-Universität Graz ein und sitzt seit 2020 für die ÖVP im Nationalrat. Laut Webers Gutachten gibt es "30 plagiierte Passagen".

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Weidinger hat seinen Titel zurückgelegt, was er aber streng genommen gar nicht kann. "Ob Peter Weidinger seinen Titel führt oder nicht, sei dahingestellt", sagt Weber. "Nur die Universität kann ihm den Titel aberkennen. Sie ist nun am Zug." Stefan Weber plädiert erneut dafür, dass eidesstaatliche Erklärungen, die wissenschaftlichen Arbeit vorangestellt werden, künftig anders zu behandeln sind, wenn ein Plagiat festgestellt wird.

"In Österreich ist eine falsche eidesstaatliche Erklärung kein Straftatbestand - in Deutschland sehr wohl." Zudem fordert Stefan Weber mehr Transparenz ein, was die Prüfung von Plagiatsvorwürfen betrifft.

"Wird ein Plagiatsgutachten seitens einer Universität überprüft, eine Kommission eingesetzt, erfährt die Öffentlichkeit erst vom Endergebnis - und auch nur dann, wann es sich um eine Person des öffentlichen Lebens und Interesses wie bei einem Politiker handelt. Wer in der Kommission saß, wie lange es dauert und wer genau was entschieden hat, das passiert hinter verschlossenen Türen. Von den Gutachten und dem Endbericht erfährt die Öffentlichkeit nichts, diese sind unter Verschluss." Im Gegensatz zu Deutschland. Man berufe sich in vielen Fällen auf den Datenschutz, doch das sei unrichtig.

"Das Amtsgeheimnis muss aufgehoben werden! Das Transparenzpaket muss endlich umgesetzt werden, damit die Schritte, die zu einer Prüfung oder schlussendlichen Aberkennung eines Titels führen, für jedermann nachvollziehbar sind", so Weber.

 

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