Pilotprojekt für Integrationsjahr: Die ersten drei haben einen Job

Viele Menschen sitzen hinter Schreibtischen vor einer Tafel, davor stehen Minister Alois Stöger und Muna Duzdar
Stöger und Duzdar besuchten Wiener Verein; Gründer kritisiert: Deutschkurse sind Mangelware.

Einen Bundesminister und eine Staatssekretärin hat man nicht jeden Tag im Haus. Beim "Unterstützungskomitee zur Integration von Migranten" – kurz: UKI – im Wiener Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus werden Alois Stöger und Muna Duzdar von Kursteilnehmern mit einem bunten Schild begrüßt: "Herzlich willkommen!" – das "Herz" ist gemalt.

Nasser Alizadeh, Gründer des Vereins, nutzt gleich die Gelegenheit, um seinem Ärger Luft zu machen: "Die Politik hat es nicht geschafft, eine ordentliche Integrationskultur aufzubauen. Wir reden seit Jahrzehnten über Dinge, die längst selbstverständlich sein sollten", poltert er – und richtet seine Anliegen direkt an die beiden SPÖ-Politiker: Es fehle an Akzeptanz in der Gesellschaft, an Deutschkursen und an finanziellen Mitteln.

Pilotprojekt für Integrationsjahr: Die ersten drei haben einen Job
BM Alois Stöger bei UKI 29.3.2017 mit Raffaela Lindorfer
Stöger und Duzdar wollen mit ihrem Projekt des Integrationsjahres, das am Dienstag im Ministerrat beschlossen wurde, eine Lösung parat haben: Erstmals soll das, was Vereine schon vereinzelt praktizieren, flächendeckend umgesetzt werden: Ein Integrationspfad mit Modulen wie Deutschkursen und Arbeitstraining. 137 Millionen Euro sollen jährlich in 15.000 Plätze für Asylberechtigte, aber auch für Asylwerber investiert werden. "Integration vom ersten Tag an", so das Motto.

Beim UKI gibt es seit Dezember ein Pilotprojekt, das ähnlich aufgebaut ist. Von 45 Teilnehmern ist es schon bei dreien gelungen, sie in einen Job zu vermittelt: Einer wurde Elektriker, einer Lehrling im Tourismus und eine Reinigungskraft.

Warten auf Kursplatz

Deutschkurse sind in der Bundeshauptstadt rar. Davon hängt es aber ab, ob Asylberechtigte einen Job finden. Wie schwierig das ist, wissen viele, die beim UKI einen Platz ergattert haben. Ein Zahnarzt aus Syrien etwa, der zehn Jahre Berufspraxis vorweisen kann und hier zur Untätigkeit verdammt ist. Ebenso ein Ingenieur aus dem Iran, der 2014 mit drei abgeschlossenen Masterstudien nach Österreich gekommen ist und seither erst wenig Deutsch lernen konnte. Oder eine Mathematik-Lehrerin aus Syrien, die sich bemüht, in grammatikalisch korrekten Sätzen zu sprechen. Die beiden Politiker suchen das Gespräch, als wollten sie sich von ihren Deutschkenntnissen überzeugen. Staatssekretärin Duzdar verabschiedet sich auf Arabisch höflich von einer Syrerin, Stöger lobt die schöne Handschrift einer anderen.

Integration als Gewinn

Das UKI finanziert jährlich sechs Gratis-Kurse aus Spenden – die seien immer überlaufen, sagt Vorstandsmitglied Alizadeh, der sich schon wieder ärgern muss: "Die Politik spricht von Integrationsunwilligen, die man bestrafen muss (so ist es auch im Integrationsjahr vorgesehen, Anm.). Die soll mir mal einer zeigen!"

Alizadeh hat in den 1980er-Jahren mit "Ostbahn-Kurti" Willi Resetarits Benefiz-Konzerte veranstaltet und im Verein in 30 Jahren mehr als 15.000 Migranten betreut. An die Spitzenpolitiker hat er eine Botschaft: "Integration ist eine schwierige Sache. Aber man gewinnt, wenn man dahinter ist."

Das Integrationsjahr sieht der Vereinsgründer als Nagelprobe. "Ich nehme die Regierung beim Wort. Wenn sie es jetzt nicht schafft, nur weil irgendwelche Rassisten etwas dagegen haben, dann blamiert sie sich", sagt er im KURIER-Gespräch.

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