Pikanter Rechtsstreit um Schenkungssteuer

Pikanter Rechtsstreit um Schenkungssteuer
Die Gewerkschaft schuldet dem Fiskus 33 Millionen, weigert sich aber seit Jahren zu zahlen.

Es ist eine der zentralen Forderungen des Österreichische Gewerkschaftsbundes (ÖGB): Die 2008 abgeschaffte Erbschafts- und Schenkungssteuer müsse wieder eingeführt werden. Das wurde beim Bundeskongress diese Woche erneut unterstrichen.

Pikant ist freilich, dass der ÖGB selbst mit der Finanz über eine Schenkungssteuer-Pflicht streitet. Es geht um einen enormen Betrag: Laut KURIER-Recherchen sollte der Gewerkschaftsbund dem Fiskus rund 33 Millionen Euro an Schenkungssteuer abliefern, wehrt sich aber seit fast zwei Jahren dagegen.

Grasser austricksen

Zur Vorgeschichte: Anfang 2002 gründete der ÖGB die „Österreichische Gewerkschaftliche Solidarität Privatstiftung“ (ÖGSP). Vermutlicher Hintergrund: Die schwarz-blaue Regierung hatte ein neues Vereinsrecht beschlossen, das die Offenlegung der Finanzen vorsah. Dem wollte der Verein ÖGB unter Präsident Fritz Verzetnitsch offenbar entgehen – und brachte seine BAWAG-Anteile (Bank-Chef war Helmut Elsner) in die ÖGSP ein. Der ÖGB schenkte der Stiftung also ein Vermögen von geschätzten 700 Millionen Euro.

2005 ging eine Anzeige ein, die Finanz wurde aktiv. Das bestätigte damals ein Sprecher von Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Die Stiftung – Vorstände waren u. a. Helmut Elsner und ÖGB-Finanzchef Günter Weninger – wurde in der Folge geprüft.

Der ÖGB argumentierte, er sei per Gesetz von der Steuerpflicht befreit. Begründung: Der ÖGB sei eine Körperschaft öffentlichen Rechts, das wurde per Gesetz in den 90er-Jahren bescheinigt. Die Finanz sah das anders. Das Gesetz betreffe nur die Körperschafts- und Teile der Umsatzsteuer, nicht aber die Schenkungssteuer.

Laut KURIER-Informationen wurde das dem ÖGB per Bescheid vom 27.07.2011 auch offiziell mitgeteilt. Laut Berechnungen der Finanz hat der ÖGB demnach fünf Prozent Schenkungssteuer von einem Vermögen von knapp 700 Millionen Euro zu zahlen. Das sind nach Kalkulation der Steuerfahnder rund 33 Millionen Euro.

Gegen diesen Bescheid berief der Gewerkschaftsbund am 26.08.2011. Seither liegt der Fall beim Unabhängigen Finanzsenat (UFS), jener Instanz, die eine endgültige Entscheidung zu treffen hat. Anfang April diesen Jahres fand laut KURIER-Informationen eine Besprechung mit allen Beteiligten statt. Der UFS wies das Finanzamt an, neuerlich zu erheben, wie hoch das Vermögen der Stiftung 2002 gewesen ist. Die Neuberechnung liegt noch nicht vor. Dass Schenkungssteuerpflicht vorliegt, steht für die Finanz fest.

Nach der UFS-Entscheidung bleibt ÖGB-Boss Erich Foglar & Co. nur noch der Gang zum Verwaltungsgerichtshof.

ÖGB schweigt

Der KURIER konfrontierte Ex-Finanzchef Clemens Schneider mit den neuen Erkenntnissen. Er war im Amt, als der Bescheid zugestellt wurde. Schneider erklärte, er könne dazu nichts sagen, weil er nicht mehr beim ÖGB tätig sei. Beim ÖGB selbst hieß es: „Zu laufenden Verfahren geben wir keine Stellungnahme ab.“

Ebenso lautete die Antwort im Finanzministerium.

Für die ÖVP war die Forderung des ÖGB nach einer Erbschafts- und Schenkungssteuer ab 150.000 Euro (zur Mitfinanzierung des Pflegefonds) – so stand es im Leitantrag – tagelang ein gefundenes Fressen: Aus der ÖGB-Forderung wurden in der ÖVP-Parteizentrale „Faymann-Steuern“, die den Mittelstand auspressten und die Fleißigen bestraften.

Die Furcht, die Idee der Erbschaftssteuer könne generell missverstanden werden, führte in letzter Minute zu einer Korrektur: Der Betrag der 150.000 Euro wurde aus dem Antrag entfernt, sodass nun generell die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer beschlossen wurde.

Wahlverwandtschaften

Verantwortlich für die Änderung war der Chef der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten Christian Meidlinger, SPÖ. Er verweist auf ein älteres Expertenpapier von 2007. Darin werden zwei Kategorien von Verwandten aufgeführt – entfernter und näher verwandt – für die unterschiedliche Freigrenzen gelten. ÖGB-Präsident Foglar nannte dazu 300.000 und 600.000 Euro. Meidlinger: „Die 150.000 Euro Freigrenze kommt nur zum Tragen, wenn es um jemanden geht, der nicht direkt verwandt ist.“ So sehe das Modell beispielsweise vor, dass bei einem Erbe von 400.000 Euro rund 2000 Euro an Steuer anfielen. Für Betriebsvermögen seien Freigrenzen jenseits einer Million Euro geplant. Meidlinger: „Wir wollten uns durch die Freigrenze von 150.000 Euro, die im Antrag gestanden ist, nicht die politische Forderung nach der Wiedereinführung der Steuer ruinieren lassen. Wir stehen zu dieser Steuer, um damit einen Teil der Pflegekosten zu finanzieren.“

Wie das aktuelle Konzept des ÖGB nun konkret aussieht, war in der Gewerkschaftszentrale nicht zu erfahren. Es werde noch an Modellen gerechnet.

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