Hohe Gebühr für Unis als neue Hürde
Studieren ohne Grenzen: Auch in diesem Jahr nutzen rund 450.000 Studenten aus allen EU-Staaten die Freiheit, in einem anderen EU-Land zu studieren.
Auch Österreich wirbt um ausländische Studenten. Nur nicht mehr um Deutsche: Denn nicht alleine die Schönheit des Landes und die Freundlichkeit der Einwohner lockt die rund 30.000 deutschen Studenten nach Österreich. Sondern die im Vergleich zur Heimat simplen Aufnahmekriterien und fehlenden Studiengebühren. Die können bis zu 1000 Euro in Bayern, Hamburg oder Niedersachsen betragen, größte Hürde für das Wunschstudium daheim ist aber meist der Numerus clausus – eine Zugangsregelung auf Basis der Durchschnittsnote im Abitur. So etwas gibt es an Österreichs Unis nicht.
Beim Medizin-Studium hat Österreich EU-rechtswidrig ein Quotensystem eingeführt, das 75 Prozent der Anfängerplätze für Österreicher reserviert – zum Schutz des Gesundheitssystems. Bis 2016 will die EU-Kommission das noch tolerieren. Doch dann muss eine rechtskonforme Lösung her.
Minister Töchterle will Österreicher auch künftig bevorzugen. „Piefke-Alarm“ titelte die Süddeutsche Zeitung diese Ansage. Doch was wäre möglich?
Kompensationszahlung
Der zuletzt von SP-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl genannte Forderung, Deutschland solle für seine Studenten zahlen, erteilt die deutsche Wissenschaftsministerin Johanna Wanka eine klare Abfuhr. Das Ministerium „führt keine Diskussion über Kompensationszahlungen (...). Ein (innerhalb der EU) bestehendes Recht muss nicht erkauft werden“, heißt in einer Stellungnahme gegenüber dem KURIER aus dem Ministerium in Berlin.
Numerus clausus
Auch hierzulande Zugangshürden auf Basis des Matura-Notendurchschnitts zu machen, scheitert noch an der Vergleichbarkeit der Matura-Noten. Das könnte sich durch die Zentral-Matura, die ab 2016 österreichweit gilt, ändern.
Studiengebühren und Zugangsregelung
Wie aus dem Umfeld des Ministeriums zu erfahren ist, ein gangbarer Weg: Die Regierung führt hohe Studiengebühren ein, gleichzeitig werden die Stipendien massiv erhöht, um die Studiengebühren wieder ausgleichen zu können.
Damit die Stipendien aber praktisch nur Österreichern zugute kommen, könnten diese etwa daran geknüpft werden, dass ein Student zuvor mindestens fünf Jahre lang seinen Hauptwohnsitz in Österreich hat. Das wäre nach EU-Recht legal. Studiengebühren müssten aber in allen Fächern kommen, das verlangt die Verfassung. Erlaubt wären aber je nach Fach unterschiedliche hohe Gebühren. Ein Studienplatz für Medizin wäre um ein Vielfaches teurer als für Germanistik.
„Grundkonsens fehlt“
ÖVP-Wissenschaftssprecherin Katharina Cortolezis-Schlager sieht Studiengebühren mit Studienbeihilfen als eine mögliche Lösung. „Wenn wir Exzellenz wollen, wird da kein Weg daran vorbeiführen. Dafür bräuchte es aber einen Grundkonsens in der Koalition. Den gibt es nicht, weil die SPÖ da nicht mitzieht.“ SP-Wissenschaftssprecherin Kuntzl war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Elena hat’s eilig, schließlich hat sie noch 700 Kilometer bzw. sieben Stunden Autofahrt vor sich. Die 25-Jährige lebt und studiert seit 2009 in Salzburg – reist aber jedes Mal, wenn es die Zeit erlaubt, heim nach Berlin. „Salzburg ist mir auf Dauer einfach zu klein und zu eng“, sagt sie.
Elena wusste schon in der Schule, dass sie einmal Psychologie studieren werde – und dass das in Deutschland „völlig unrealistisch“ wäre. Denn dafür benötigt man einen Notendurchschnitt von 1,0 bis 1,2. Also machte sie nach dem Abitur einen Aufnahmetest an der Uni Salzburg, den sie bestand. Seitdem hat sie sich daran gewöhnen müssen, dass sie in Österreich als „Numerus-clausus-Flüchtling“ bezeichnet wird. Kritik, die sie nicht versteht. „Wir leben in der EU, da kann ich doch in jedes Land gehen und dort studieren. Außerdem gibt es eine Aufnahmeprüfung – und die schafft man oder nicht.“
Einmal sagte ihr gar jemand: ,Wir kriegen echt nur den Abschaum aus Deutschland.‘ Das tat weh. Und so bleibt man als Deutscher privat lieber unter sich. „Ich habe in Salzburg eine sehr gute Freundin und auch meinen Partner gefunden – beide sind aus Deutschland.“ Auch auf der Uni trifft sie überwiegend auf Kollegen aus der Heimat; 80 Prozent der Psychologie-Studenten kommen von dort. So wie die meisten von ihnen wird auch sie nach dem Studium nicht hier bleiben. „Ich möchte als Wirtschaftspsychologin arbeiten. Daheim in Berlin.“
Mario aus München hat noch ein paar Jahre Uni vor sich. Ihm taugt’s, dass er ohne Gebühren und unabhängig von seinen Matura-Noten Psychologie studieren darf. „Für Deutschland war mein Zeugnis zu schlecht“, gibt der 22-Jährige offen zu.
Mario hat seine Entscheidung, nach Salzburg zu ziehen, nicht bereut – im Gegenteil: „Ich gehe gerne Wandern, Mountainbiken und Ski fahren – das ist perfekt hier.“
Nur die Kommentare vieler älterer Menschen gehen ihm auf die Nerven, die vor einem „Ansturm der Deutschen“ warnen. „Ist doch gut für die Uni, wenn viele ausländische Studenten da sind“, sagt er. Und er fragt sich: „Warum kann man nicht mehr Studienplätze einrichten, damit alle, die wollen, auch studieren können?“
Kommentare