Pflicht zur Frühförderung – oder Staat sollte Kindergeld kürzen

In der Volksschule Mengergasse
Schüler in Not: Gewerkschafter verlangt Pflicht zur "individuellen Förderung" von Vorschulkindern.

Die Chancen der Schulkinder sind in Österreich nicht gleich verteilt. Die Statistik Austria legte kürzlich eine Studie vor, wonach 57,3 Prozent der 25- bis 44-Jährigen mit einem akademisch gebildeten Elternteil ebenfalls einen Abschluss einer höheren Schule oder Universität erzielen – jedoch nur 6,9 Prozent der Gleichaltrigen mit Eltern, die nur über Pflichtschulabschluss verfügen.

Zur Frage, wie diese Chancen verbessert werden können, schlägt nun Österreichs oberster Lehrergewerkschafter eine radikale Systemänderung vor. "Von Schulen zu verlangen, an einem sehr belasteten Standort Chancengerechtigkeit herzustellen, ist illusorisch. Das wäre, als würde man von einem Arzt in einem Armenviertel verlangen, die Lebenserwartung der Patienten auf das Niveau einer Luxuswohngegend zu bringen", erklärt Chef-Lehrergewerkschafter Paul Kimberger.

Pflicht zur Frühförderung – oder Staat sollte Kindergeld kürzen

Chef-Lehrergewerkschafter Paul Kimberger

"Von Anfang an gehen aufgrund uneinheitlicher Startbedingungen sehr viele Chancen verloren. Auch mit den besten didaktischen und pädagogischen Konzepten ist dieses Defizit nur schwer auszugleichen. Wir müssten früher, in den ersten Lebensjahren und im Kindergarten, mit individuellen Fördermaßnahmen ansetzen", sagt der Mittelschullehrer.

Ob einem Kind daheim vorgelesen oder mit ihm gesprochen werde, oder Kinder nur vor Fernseher oder Computer sitzen, mache einen massiven Unterschied aus. "Daher braucht es spürbare Konsequenzen für Eltern, die sich nicht an der Bildungsbiografie ihrer Kinder beteiligen wollen – beispielsweise durch eine Kürzung der Kinderbeihilfe."

Konkret schlägt Kimberger ein Anreizsystem analog dem Mutter-Kind-Pass vor, bei dem benachteiligten Kindern notwendige Förderungen und sinnvolle Unterstützungsmaßnahmen möglich gemacht werden.

Der Christgewerkschafter kann sich bei ganz schweren Fällen eine restriktivere Vorgehensweise vorstellen: "Für mich sind Eltern keine Erziehungsberechtigten, sondern Erziehungsverpflichtete. Wenn Eltern gegen die Interessen ihrer Kinder handeln und ihnen Chancen nehmen, dann hat der Staat die Pflicht, im Sinne dieser Kinder einzuschreiten. Wenn trotz intensiver Beratung, guten Zuredens und vieler Informationen kein guter Wille erkennbar ist, dann sollte man auch über die Möglichkeit einer Kürzung von Transferleistungen nachdenken."

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