Pflege wird teurer – aber wer zahlt’s?
Rund fünf Milliarden Euro pro Jahr gibt der Staat jedes Jahr für Pflege aus – und es wird immer mehr, wie sämtliche Prognosen von Wirtschaftsforschern offenbaren. Grund dafür ist die Alterung: Während derzeit nur einer von 20 Menschen in Österreich älter als 80 Jahre ist, werden es 2050 bereits rund 11,5 Prozent sein. Das jährliche Pflegeausgaben-Plus beträgt zunächst rund viereinhalb Prozent, schon bald aber wird der Anstieg rasant: Allein zwischen 2025 und 2050 steigen die Ausgaben laut Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) um das Dreifache. Zugleich fehlen schon jetzt Pflegekräfte.
Was also tun? Diese Frage stellt sich nun auch die Bundesregierung. Kanzler Sebastian Kurz ( ÖVP) hat am Wochenende angekündigt, bald ein neues Konzept für Pflegefinanzierung vorzulegen. Allein: Ist das derzeitige Modell denn so schlecht? Was böte sich als Alternative an? Und wie machen das eigentlich andere Länder? Der KURIER beantwortet die zentralen Fragen.
- Wie wird die Pflege eigentlich finanziert?
Österreich setzt auf eine Steuerfinanzierung. Sprich: Alle Ausgaben für Pflege – Länder und Bund teilen sich diese ungefähr zur Hälfte, ein Großteil der Ausgaben betrifft das Pflegegeld – kommen aus Steuertöpfen und belasten damit das Budget. Derzeit fließen rund 1,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Pflege.
- Welche Alternativen gibt es zum aktuellen Modell?
Im Grunde existieren zwei Alternativen: Ein „Umlageverfahren“ über Sozialversicherungsbeiträge oder eine Versicherungspflicht à la Haftpflichtversicherung. Ersteres würde bedeuten, dass Arbeitnehmer und/oder Arbeitgeber via Lohnnebenkosten Beiträge abliefern, die für die Pflege verwendet werden. Bei der Pflichtversicherung wiederum könnte man sich einen Anbieter aussuchen, müsste aber jedenfalls zahlen. Wird man nie zum Pflegefall, bliebe das Geld bei der Versicherung.
Video: Klaus Schwertner, der Caritas-Generalsekretär will staatlichen Pflegefonds
"Warum eigentlich, Herr Schwertner?"
- Wie machen das andere Länder?
Deutschland setzt auf ein Umlageverfahren. Seit 1995 wird die Pflege in Deutschland über Sozialversicherungsbeiträge finanziert. In den Niederlanden gibt es eine verpflichtende Pflegeversicherung. Sechs Prozent vom laufenden Bruttolohn werden dafür einbezahlt. Jedoch setzen die meisten Länder laut Wifo wie Österreich auf ein steuerfinanziertes Modell.
- Was spricht für eine Reform? Was dagegen?
Um steigende Pflegekosten zu stemmen, muss der Staat entweder Steuern erhöhen, in anderen Bereichen sparen oder schlichtweg Schulden anhäufen. Genau diesen Umstand führen wirtschaftsliberale Institute wie „Eco Austria“ oder „Agenda Austria“ als Hauptargument für einen Systemwechsel an. Jedoch, erklärt Wifo-Pflegeexpertin Ulrike Mühlberger-Famira, würde ein Wechsel auf ein Umlageverfahren „negative Effekte auf Wachstum und Beschäftigung“ bedeuten – „weil ja die Lohnnebenkosten steigen würden“. Auch sieht sie eine private Versicherungspflicht skeptisch: „Man wäre wohl 30 Jahre zu spät, um so die Pflege der Baby-Boomer-Generation zu finanzieren. Schließlich können die heutigen 50-Jährigen keinen ausreichenden Kapitalstock mehr ansparen.“
- Wie sähe ein System mit Privatversicherung aus?
„Agenda Austria“ errechnete dafür bereits ein Modell: Ab dem 45. Geburtstag solle ihnen zufolge jeder einen Betrag von 100 bis 150 Euro vom Bruttomonatslohn auf ein „Pflegekonto“ einzahlen, damit die Pflege zumindest großteils abgedeckt ist. Für Geringverdiener müsste der Staat einspringen.
- Wie geht es nun in der Pflege-Debatte weiter?
Kanzler Kurz beauftrage die Regierungskoordinatoren Gernot Blümel und Norbert Hofer, mit Sozialministerin Beate Hartinger-Klein ein Lösung auszuarbeiten. Inhaltlich wurde noch nichts zwischen ÖVP und FPÖ besprochen. Präsentiert sollen die Pläne im Dezember werden.
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