Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen wird sich der Bedarf an Pflegekräften und -angeboten in den nächsten 30 Jahren deutlich steigern.
Experten gehen davon aus, dass die Zahl der 2050 nötigen Pflegekräfte mehr als doppelt so hoch ist wie heute.
Hinzu kommt, dass im Pflegesystem weiter große regionale Unterschiede bestehen. So kritisieren Institutionen wie der Rechnungshof seit Jahren, dass Patienten mit vergleichbaren Bedürfnissen und Erkrankungen derzeit in Österreich ganz unterschiedlich versorgt bzw. gepflegt werden. Einziges Kriterium: die Postleitzahl.
Die gute Nachricht lautet an dieser Stelle: Innovative Modelle müssen nicht erfunden werden. Es gibt in Europa eine Vielzahl an „Best Practice“-Beispielen, von denen man lernen könnte.
Dazu gehört das niederländische „Buurtzorg“-System, das zwei Dinge erreicht hat, die auf den ersten Blick unvereinbar scheinen, nämlich: eine höhere Qualität bei geringeren Kosten.
Aber auch Deutschland gilt vielen als Vorbild.
Einer der größten Pflegedienstleister, die Caritas, empfiehlt der Politik, sich bei der Frage des Pflegegeldes an der Bundesrepublik zu orientieren. „Einer der Schlüssel ist, dass Deutschland die Frage der Selbstversorgungsfähigkeit weit gefasst hat und besonders berücksichtigt“, sagt Ilse Simma-Boyd, Pflege-Expertin der Caritas im KURIER-Gespräch.
In der Praxis bedeutet das, dass bei der Pflegegeld-Einstufung nicht nur zählt, welche medizinischen Befunde formal vorliegen, sondern vor allem wie der Alltag der betroffenen Person aussieht.
„Gerade Menschen mit demenziellen Erkrankungen müssen körperlich nicht so eingeschränkt sein“, sagt Simma-Boyd. „Dennoch stellt sich bei diesen Patienten die Frage, ob sie ihren Alltag allein bewältigen können.“
Einfach formuliert: Jemand, der stark dement ist, ist zwar physisch in der Lage, zum Supermarkt zu gehen. Aufgrund seiner Erkrankung kann er oder sie aber oft nicht alleine einkaufen gehen, braucht Begleitung – und daher Hilfspersonal.
Ein weiterer Vorzug der deutschen Pflegegeld-Einstufung ist der Pflegegeld-Rechner: Auf der Seite www.pflege.de können Betroffene und deren Familien mit einem Online-Test selbst nachrechnen, ob sie bei der Einstufung von Ärzten und Gutachtern richtig eingeordnet worden sind. „Und dieser Test", sagt Expertin Simma-Boyd, "ist für ganz Deutschland gleich.“
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