Pflege-Einigung: Alte Etappensiege, neue Konflikte
Freitag am späten Vormittag wurden aus dem Wiener Rathaus Handy-Kurzmitteilungen verschickt, in denen stand: „Weißer Rauch, es gibt eine Einigung“.
Viele Wochen haben Bund und Länder darüber gestritten, wie viel Finanzminister Hartwig Löger den Ländern dafür zu überweisen hat, damit das im Bund beschlossene Aus für den Pflegeregress kein allzugroßes Loch in die Kassen der Länder reißt. Freitag tagte die Landeshauptleute-Konferenz, Löger war zu Gast. Und natürlich war die alles entscheidende Frage: Wie viel kostet der Pflege-Regress die Länder wirklich?
Sind es 100 Millionen Euro im Jahr, wie Löger am Beginn der Debatte befand? Ist es eine halbe Milliarde Euro, wie Ländervertreter bis vor kurzem noch selbstbewusst ventilierten?
Am Ende lag die Summe dazwischen. „Wir haben uns für das Jahr 2018 auf 340 Millionen geeinigt“, verkündete Michael Häupl, Noch-Landeshauptmann und Gastgeber der Landeshauptleute-Konferenz. Sein Nachsatz: „Wobei Ende 2018 abgerechnet wird, was nun tatsächlich die Kosten sind.“
Auf den ersten Blick wirkt die Summe wie ein Sieg der Länder – immerhin musste Finanzminister Löger satte 240 Millionen Euro auf sein ursprüngliches Angebot drauflegen.
Hat sich Löger, um es sehr spitz zu formulieren, also verrechnet und verspekuliert?
Wie so oft ist die Sache nicht ganz so einfach.
Denn tatsächlich ist die Einigung auf 340 Millionen Euro nur eine Art Versicherung, „eine Höchstgrenze“, wie Häupl erklärt.
Bis 31. Dezember 2018 muss jedes Land die Kosten exakt aufschlüsseln und abrechnen – und nur diese Kosten werden nachträglich ersetzt. Die Botschaft im Kern lautet also: Der Bund bezahlt nur für die tatsächlichen Pflegekosten. Bleiben die Länder unter den 340 Millionen, bekommen sie weniger. „Und wenn mehr, dann mehr“, so Häupl.
Dass die Bundesländer für Pflege-Aufgaben vom Bund Geld fordern, ist weiter nicht überraschend oder problematisch.
Außenstehende irritiert freilich der Umstand, dass Bund und Länder bei der Kosten-Kalkulation so weit auseinanderlagen.
Wie kam es dazu? Die erhebliche Differenz zwischen der geforderten Summe und jener, die von Löger nun zugesagt wurde, erklären die Landeschefs so: Mehrere Länder – sie sagen nicht welche – wollten dem Bund auch die Kosten für „alternativen Wohnformen“ wie beispielsweise das „betreute Wohnen“ in Rechnung stellen. „Der damalige Gesetzesbeschluss (zur Abschaffung des Pflegeregress, Anm.) umfasst das aber nicht“, sagt Vorarlbergs Landeschef Markus Wallner. Daher könne man dieses Geld auch nicht fordern. „Wir haben klargestellt, wir sprechen von der stationären Pflege und sonst von nichts.“
Am Ende waren sich alle einig, dass das Thema damit nicht aus der Welt ist, und eine langfristige Lösung des immer größer werdenden Problems noch gesucht wird.
Am Freitag immerhin ein Aufatmen: „Ich bin zufrieden, das wir eine Lösung haben – auch im Sinne und zur Beruhigung derer, die derzeit in Heimen gepflegt werden“, sagt Oberösterreichs Landeschef Thomas Stelzer.
Verwaltungsreform
Wenig Substanzielles gab es noch bei der Grundsatz-Einigung in Sachen Kompetenz-Bereinigung. Konkret geht es um die Abschaffung des Verfassungsartikels 12, der gemischte Zuständigkeiten von Bund und Ländern regelt. Der soll „vom Prinzip her“ weg, sagt Häupl. Inhaltlich gebe es noch Uneinigkeit. Die wirklich großen Brocken sollen erst bis Jahresende in einer Arbeitsgruppe behandelt werden, da geht es ums Armenwesen (Mindestsicherung), den Spitalsbereich und das Elektrizitätswesen.
Wenig Fortschritte gab es für Reformminister Josef Moser auch bei der Transparenzdatenbank. Einmal mehr haben die Länder zugesagt, diese jetzt wirklich mit Daten zu füllen. Die Datenbank gibt es allerdings schon seit 2010. Sie soll irgendwann einmal Zahlungen und Leistungen von Bund, Ländern und Gemeinden exakt erfassen, um vielleicht doch noch Licht ins Dunkel des Förderdschungels zu bringen...
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