Studie: So könnte man die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen verkleinern

Es klafft eine enorme Lücke: In Österreich beziehen Frauen durchschnittlich 39,7 Prozent weniger Bruttopension als Männer. Das hat diverse Gründe: Frauen arbeiten häufiger Teilzeit, sind öfter nicht erwerbstätig, haben ein deutlich niedrigeres Pensionsantrittsalter und verdienen im Schnitt weniger. Österreich liegt weit über dem EU-Durchschnitt von 29 Prozent.
Zwar schrumpft die Lücke bei den Neupensionierungen, aber: Während sie von 2014 bis 2024 EU-weit um neun Prozentpunkte zurückgegangen ist, waren es laut Eurostat in Österreich nur 3,4 Prozentpunkte. Welche Reformoptionen gibt es, um für mehr Fairness zu sorgen?
Berechnungen hat WIFO-Pensionsexpertin Christine Mayrhuber, die auch der Alterssicherungskommission vorsitzt, im Mediengespräch mit Diskurs. Das Wissenschaftsnetz vorgelegt. Diese beziehen sich auf die Pensionsantrittskohorten 2015 bis 2021, bei denen die Pensionslücke bei 41,7 Prozent lag.
Szenario 1: Bessere Anrechnung von Kindererziehungszeiten
In den ersten vier Lebensjahren des Kindes gilt in der Regel eine Teilversicherungszeit für die Kindererziehung. Das WIFO hat berechnet, was sich ändern würde, wenn die Kindererziehungszeiten besser bewertet würden: zum Beispiel mit 3.700 Euro statt 1.990 Euro Bruttomonatsentgelt bei einer Vollzeitbeschäftigten. Ergebnis: Die monatliche Bruttopension von Frauen würde um rund acht Prozent steigen, die geschlechterspezifische Pensionslücke um 4,5 Prozentpunkte sinken.
Szenario 2: Höherbewertung von Arbeitslosigkeit
Was geschieht, wenn Zeiten der Arbeitslosigkeit mit 90 statt mit 70 Prozent der Bemessungsgrundlage angerechnet wird? Laut Mayrhuber wäre der Effekt bei Frauen kaum stärker als bei Männern, da sie nicht wesentlich stärker von Arbeitslosigkeit betroffen wären. Insgesamt würde die Pension von Arbeitslosen im Schnitt um zwei Prozent höher ausfallen. Die Pensionslücke würde sich kaum verringern.
Szenario 3: Einführung eines Gender-Pay-Gap-Faktors
Was, wenn man die Pensionslücke bei der späteren Pensionshöhe der Frauen mitberechnet? Das hängt von der Bewertungsgrundlage ab. Würde man Frauenpensionen um die Pensionslücke gegenüber dem Durchschnitt der Männer erhöhen, verringert sich der Gap laut WIFO um sechs Prozentpunkte. Sind die individuellen Beiträge der Frauen die Grundlage, würde die Lücke sogar um 15 Prozentpunkte schrumpfen.
Szenario 4: Umstellung der Berechnung der Pensionshöhe
Was auch ginge: Die Berechnung der Pensionshöhe auf die 15 besten Einkommensjahre umzustellen, statt auf den gesamten Berechnungszeitraum. Damit würde die Bruttopension der Frauen um 20 Prozent und jene der Männer um 16 Prozent steigen, die Lücke aber kaum schrumpfen.
Ungleichheit beginnt am Arbeitsmarkt
Sämtliche Szenarien würden sich auf die ökonomische Lage der Haushalte auswirken und das Armutsrisiko reduzieren, so Mayrhuber. Gemessen am Haushaltseinkommen gelten rund 20 Prozent der Frauen ab 65 Jahren als armutsgefährdet – und 13 Prozent der Männer.
Die Ungleichheit beginne aber am Arbeitsmarkt und könne mit einer Pensionsreform nicht gelöst werden, betont Mayrhuber. Strukturelle Ungleichheiten am Arbeitsmarkt könnten im Alterssicherungssystem durch Reformen nur abgemildert, aber nicht ausgeglichen werden: "Im einkommenszentrierten Pensionssystem entscheidet Lohnhöhe über langfristige finanzielle Lage von Frauen und Männern." Wichtig sei deshalb eine gleichstellungsorientierte Arbeitsmarkt- und Lohnpolitik - mit fairer Bezahlung und besserer Aufteilung von Sorgearbeit.
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