Parteifinanzen: "Newcomer haben Nachteil"

Parteifinanzen: "Newcomer haben Nachteil"
Wer bei einer Wahl antritt, geht ein finanzielles Risiko ein. Ausnahme: die etablierten Parteien.

Hans Niessl macht sich Sorgen. Österreich würden "US-amerikanische Zustände" drohen, warnte jüngst der burgenländische SP-Landeshauptmann. Als Beleg verwies er auf die ÖVP-Wahlkampagne, die dem Motto folge "Das große Geld regiert die Politik". Die ÖVP wies den Vorhalt zurück. Unabhängig davon stellt sich die Frage: Sind Spenden an Parteien sinnvoll, ja nötig? – Immerhin gibt es eine üppige staatliche Parteienfinanzierung. Und wie transparent und fair ist die Wahlkampf-Finanzierung? Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.

Bekommt jeder, der in Österreich eine Partei gründet oder bei einer Wahl antritt, automatisch Geld vom Staat?

Nein. Die öffentliche Parteienfinanzierung zielt vor allem auf im Parlament vertretene Parteien ab. Für den auf Parteienfinanzierung spezialisierten Politikwissenschafter Hubert Sickinger besteht darin ein Problem bei Wahlkämpfen: "Newcomer haben einen erheblichen Wettbewerbsnachteil." Denn wer wie die Neos 2013 neu ins Parlament einziehen will, muss seine Kampagne mit Spenden und Krediten vorfinanzieren – ohne Garantie auf Rückerstattung. Nur wer den Einzug ins Parlament schafft, bekommt Klub-, Partei- und Akademieförderung. Die Ausnahme: Listen, die die Vier-Prozent-Hürde verpassen, aber zumindest ein Prozent der Stimmen erreichen, bekommen einmalig 2,5 Euro pro Stimme ersetzt.

Wie steht Österreich in Sachen Parteienfinanzierung international da?

International gesehen ist Österreich ausnehmend großzügig. Laut den letzten verfügbaren Zahlen hat etwa die SPÖ jährlich 11,5 Millionen Euro an Fördergeldern lukriert – das sind 63 Prozent der gesamten Einnahmen der Bundespartei. Bei der Bundes-ÖVP sind es 93 Prozent oder 7,35 Millionen Euro, bei der FPÖ 6,31 Millionen (93 %). Der deutsche Politikwissenschaftler Karl-Heinz Naßmacher hat die Parteiausgaben pro Bürger mit dem Bruttoinlandsprodukt verglichen. Ergebnis: Nur Japan hat international gesehen höhere Parteiausgaben, an zweiter Stelle folgt Österreich.

Sind Parteispenden prinzipiell problematisch?

Im Gegenteil. "Wenn Privatpersonen einer Partei Geld zur Verfügung stellen, um sich für bestimmte Themen oder Anliegen stark zu machen, ist das positiv", sagt Experte Sickinger. "Spender werden Teil einer Bewegung, Parteispenden können also auch dazu beitragen, die politische Beteiligung zu erhöhen." Sickinger plädiert für einen "unverkrampfteren Umgang" mit Parteispenden. Allerdings müsse bei hohen Spenden höchstmögliche Transparenz gewährleistet werden, um den Verdacht von "gekauften" Gesetzen vermeiden zu können.

Sind die Spenden im Wahlkampf transparent genug?

"Nein", antwortet Franz Fiedler. Der frühere Rechnungshofpräsident klagt über ein Schlupfloch, das bei der gesetzlichen Wahlkampfkosten-Obergrenze (sieben Millionen Euro pro Partei und Kampagne) geschlossen werden müsse. "Wenn sich Personen-Komitees zusammenfinden, die Geld für eine Partei ausgeben, sind diese Gelder nicht in die sieben Millionen Euro einzurechnen", sagt Fiedler. Das sei im Widerspruch zum Bundespräsidenten-Wahlgesetz, wo derartige Ausgaben in die Obergrenze eingerechnet werden. Die ÖVP hat bisher rund 240.000 Euro an Spenden gesammelt, die SPÖ kommt vorerst auf 16.000 Euro. Eine weitere Schwäche sieht Fiedler darin, dass der Rechnungshof die Rechenschaftsberichte der Parteien zwar prüfen, bei Widersprüchen aber einen Wirtschaftsprüfer hinzuziehen muss. "Das ist, wie wenn die Kripo am Tatort nicht selbst ermitteln darf, sondern an einen Privatdetektiv übergeben muss."

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