Telekom-Millionen werden zur Hypothek für Wahlkämpfer

Telekom-Millionen werden zur Hypothek für Wahlkämpfer
Gutachten bringt SP und VP in Erklärungsnot. Der Vorhalt der Justiz: Scheinrechnungen.

Nervöse Regierungsparteien, höhnende Oppositionelle: Neue Erkenntnisse in Sachen Parteienfinanzierung kurz vor der Bundeswahl machen Roten und Schwarzen zu schaffen. Dabei sind sie nicht die Einzigen, denen die staatsnahe Telekom als eine Art Bankomat diente. Auch Blaue und Orange wussten sie zu nutzen – in unterschiedlicher Weise. Die Fakten:

Schwarzgeld für ÖVP?

Die Volkspartei soll 2005/’06 374.000 € bekommen haben: 250.000 von der Telekom, 73.000 von den Lotterien, 50.000 von Raiffeisen OÖ. Laut News, das sich auf ein Gutachten der Justiz beruft, wurden damit Kampagnen finanziert. Das Geld floss nicht direkt an die ÖVP, sondern über die parteinahe Agentur Mediaselect . Wie lief das ab? Die Mediaselect stellte den Unternehmen bzw. der „valora“ von Lobbyist Peter Hochegger Rechnungen mit nicht näher definierten Leistungen. Von einem „Media-Werbenewsletter“ und „Studien“ war die Rede. Die Justiz vermutet, dass die angeführten Leistungen nicht erbracht worden sind. Der selbe Betrag, den die Mediaselect den Unternehmen in Rechnung stellte, soll auf ein separates Konto der Mediaselect gebucht worden sein – laut internem Schriftverkehr ein „ÖVP-Geldtopf“ . Das Pikante: Wenige Tage, nachdem das Geld auf dem Konto war, sandte die Mediaselect eine Nachricht an die ÖVP, in der sie über eine „Gutschrift“ informierte – etwa für die „Vermittlung von Neukundengeschäften“.

Das Praktische: Die Frontleute der Mediaselect sind bestens in der ÖVP verankert. Geschäftsführer ist Ex-ÖVP-Organisationsreferent Michael Fischer, der davor bei der Telekom war; zweiter Geschäftsführer war einst Markus Keschmann – heute VP-Kampagnenleiter.

Ruchbar wurden die seltsamen Usancen nach Hausdurchsuchungen bei der Mediaselect. Der Sachverständige, Matthias Kopetzky, sichtete für die Staatsanwaltschaft das beschlagnahmte Material – und wurde fündig. Weder die Mediaselect noch die Lotterien noch Raiffeisen OÖ wollen sich – mit Verweis auf die Ermittlungen – zur Causa äußern. ÖVP-General Hannes Rauch spricht von einem Sammelsurium alter Vorwürfe. Sollte sich herausstellen, dass zu Unrecht Geld an die ÖVP geflossen sei, werde es zurückgezahlt. Ein Konto, für das die Partei zeichnungsberechtigt gewesen sei, gebe es nicht.

SPÖ als Profiteur?

Die SPÖ ist ebenfalls erneut in Erklärungsnot. Dass ausgerechnet ihr einstiger Telekom-Sprecher Kurt Gartlehner bis 2009 127.000 Euro von der Telekom erhalten hat, ist seit dem Vorjahr bekannt; der SPÖ-Abgeordnete werkte für Hocheggers „valora“. Gutachter Kopetzky kann die Leistung für das Salär allerdings „nicht nachvollziehen“; er schreibt von „eingekaufter Gunst zugunsten der Telekom“.

Dem nicht genug, bekam auch eine Firma von Gartlehners Söhnen Geld, das von der Telekom stammte. Zitat aus dem Gutachten: „Auszuschließen ist (...), dass die Valora AG auch Zahlungen geleistet hätte, wenn hier nicht ein Lobbying-Kontakt, wie dies der Telekomsprecher der SPÖ im Nationalrat darstellt, unterstützt worden wäre.“

Nach wie vor in der Ziehung ist auch der „Echo“-Verlag, der Teil eines ausnehmend komplexen Stiftungs- und Unternehmensgeflechts der Wiener SPÖ ist.

An „Echo“ gingen 72.000 Euro von der Telekom; der Verlag war ebenfalls mit Hochegger im Geschäft. Auch da ortet Sachverständiger Kopetzky Scheinrechnungen. Lobbyist Hochegger spricht von einer Parteispende über 24.000 Euro für den damaligen Nationalratswahlkampf der SPÖ.

Gartlehner und der „Echo“-Verlag bestreiten, nichts für das Geld getan zu haben – und dass es der SPÖ zugute gekommen sei. Deren Geschäftsführer Norbert Darabos beteuert wie sein schwarzes Gegenüber: „Kein Cent ist an die Partei geflossen.“

Darf ein Unternehmen einer Partei Geld überweisen, wenn es überzeugt ist, dass diese ihm wirtschaftspolitisch von Nutzen ist?

Natürlich darf es das, allerdings muss es die Zahlung redlich deklarieren – also als Parteispende.

Genau das ist in der aktuellen Telekom-Causa das Problem. Glaubt man dem nun zitierten Gerichtsgutachten (s. o.), stehen den Zahlungen, die die Telekom über Vermittler-Agenturen an Parteien bzw. Politikern weiterleitete, keine nachweisbaren Leistungen gegenüber; stattdessen wurden die Zahlungen mit Scheinrechnungen verschleiert.

Die Telekom betrieb „politische Landschaftspflege“ erklärte einmal der umstrittene Lobbyist Peter Hochegger. Er muss es wissen, steht er doch selbst im Zentrum mehrerer Untersuchungen (Telekom, Buwog, etc.) und weiß er doch gut um die bis vor wenigen Jahren gebräuchlichen politischen Unsitten Bescheid.

Tatsächlich war all das, was die Telekom bis vor Kurzem praktiziert haben soll, für die Parteien weitgehend konsequenz- und straflos.

Nur aufseiten des Zahlers (Telekom) bestand und besteht das Risiko der Untreue: Wenn jemand seine Befugnisse in einem Unternehmen missbraucht und Geld des Unternehmens so ausgibt, dass das Unternehmen einen Schaden erleidet, macht er sich strafbar.

Genau das ist einer der wesentlichsten Vorwürfe in den laufenden Telekom-Prozessen. Erst Ende Juli wurde FPÖ-Werber Gernot Rumpold als Beitragstäter der Untreue wegen einer verdeckten Parteizahlung (nicht rechtskräftig) zu einer Haftstrafe verurteilt.

Seit Juli des Vorjahres ist freilich nicht bloß die Untreue auf Geberseite, sondern auch die verdeckte Parteispende strafbar – und zwar aufseiten des Nehmers, sprich der Partei: Gemäß dem nun gültigen Transparenzpaket müssen Parteien alle Spenden über 3500 Euro deklarieren.

Tun sie das nicht, drohen empfindliche Strafen. Den Parteien, aber auch den Funktionären, die das zulassen.

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