Jetzt fix: Rechnungshof prüft Finanzierung der Parteien
"Völlige Transparenz", das wurde in Türkis-Grüne-Regierungsprogramm geschrieben. Eine "gläserne Parteienkasse" war schon lange das Anliegen der Grünen. Jetzt erst aber hat sich die Koalition auf eine Reform der Parteienfinanzierung geeinigt.
Nun wurde die Reform der Opposition vorgestellt. Um sie durchzubringen brauchen die Regierungsparteien die Unterstützung von SPÖ oder FPÖ, denn die Reform braucht eine zwei Drittel Mehrheit zur Änderung.
Bisher war das Problem, dass der Rechnungshof nicht alle Einschau- und Kontrollrechte hatte, um die Rechenschaftsberichte der Parteien auf Vollständigkeit und Richtigkeit kontrollieren zu können. Das soll sich nun ändern. Und wurde bereits so ins Regierungsprogramm geschrieben.
Rechnungshof kann endlich in die Parteifinanzen Einblick nehmen
"Die Geschichte der österreichischen Parteienspenden in Österreich ist lange und intransparent", sagte die Grüne-Klubobfrau Sigrid Maurer am Beginn der Pressekonfernez vor Journalisten.
Deshalb soll die Transparenzinititative, der schon im Regierungsprogramm viel Platz eingeräumt wurde, nun angegangen werden. "Parteien sollen künftig geprüft werden wie wirtschaftliche Unternehmen“, erklärte ÖVP-Angeordneter Andreas Ottenschläger.
Der Rechnungshof soll also die Parteien ähnlich prüfen, wie das Finanzamt Unternehmen bei einer Steuerprüfung kontrolliert. Das neue Parteienfinanzierungsgesetz soll ab Sommer beschlussfertig sind und soll dann für all jene Parteien gelten, die Parteienförderung erhalten. Die geplanten Regeln:
Die Prüfrechte des Rechnungshofs (RH)sollen ausgeweitet werden: Bei Ungereimtheiten im Rechenschaftsbericht, dem Wahlwerbebericht oder einem begründeten Verdacht soll der RH künftig das Recht haben, Unterlagen anzufordern und vor Ort Einblick zu nehmen. Im Streitfalls soll der Verfassungsgerichtshof angerufen werden.
Ab einer Spende von 150 Euro wird der Spendername gemeldet
Transparenter werden soll das Spenden-Meldesystem. Ab 500 Euro müssen Namen (und Summen) der Geber genannt werden ab Zuwendungen.
Als Bagatellgrenze wird eine Zuwendung von maximal 150 Euro eingezogen. Zwischen 150 und 500 Euro werden Namen und Summen zwar dem Rechnungshof gemeldet, die Angaben werden aber nicht veröffentlicht.
Auch die Sanktionen bei nicht Lieferung oder Überschreiten der Wahlwerbekosten sollen höher sanktioniert werden. Mit Details möchte man den Fraktionen aber nicht vorgreifen.
Vermögen und Schulden sollen die Parteien künftig offenlegen.
Dazu sollen sie im Rechenschaftsbericht sowohl ihre Aktiva auflisten (also Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Finanzanlagen und Guthaben oder Forderungen) als auch ihre Passiva (also Schulden und Rückstellungen).
Die Landesorganisationen müssen deutlich weniger melden (nämlich nur Immobilien und Schulden über 50.000 Euro). Nicht offenlegen sollen die Parteien, bei wem sie ihre Schulden haben. Dies soll nur der Rechnungshof erfahren.
Wahlkampfkostenabrechnung innerhalb von sechs Monaten
Die Wahlkampfkosten sollen die Parteien künftig spätestens sechs Monate nach der Wahl veröffentlichen - und zwar über einen eigenen "Wahlwerbungsbericht". Darin sollen die Parteien nicht nur auflisten, ob sie die Wahlkampfkostengrenze (derzeit 7,2 Mio. Euro) eingehalten haben.
Anders als bisher sollen sie auch ihre Wahlkampfausgaben aufschlüsseln - also die Ausgaben für Werbung und Inserate, Agenturen inklusive Meinungsforschung, zusätzliches Personal und Wahlveranstaltungen.
Erfasst werden sollen auch alle Teil- und Vorfeldorganisationen sowie Personenkomitees. Auch die Sozialpartner sollen über den laufenden Betrieb hinausgehende Wahlwerbungsausgaben offenlegen.
Sanktionen kommen
Gibt eine Parlamentspartei ihren Wahlkampfbericht oder den Rechenschaftsbericht nicht ab, soll sie bis zu 50.000 Euro bezahlen. In weiterer Folge könnte (wie schon bisher möglich) auch die Parteienförderung einbehalten werden.
Überschreitungen der Wahlkampfkostengrenze sollen deutlich teurer werden (bis zum zweifachen der überhöhten Ausgaben). Parteien, die weder im Nationalrat, noch in Landtagen oder im EU-Parlament vertreten sind, trifft die Rechenschaftspflicht aber nicht mehr.
Breite Mehrheit gewünscht
Maurer nannte es als Ziel, dass das Gesetz mit möglichst breiter Mehrheit beschlossen wird. Daher soll es auch mit der Opposition Verhandlungen geben. Deren Vertreter waren schon heute Vormittag über den Gesetzesentwurf informiert worden. Ottenschläger betonte, man sei für Vorschläge der anderen Parteien offen. "Die ersten Reaktionen waren durchaus sehr positiv", erklärten Maurer und Ottenschläger.
Noch nicht für Bundespräsidentschaftswahl gültig
Die geplante Reform wird wohl noch nicht für die Bundespräsidentschaft im Herbst greifen. "Das wäre sehr sportlich", sagt Ottenschläger. Man hoffe, das neue Parteienfinanzierungsgesetz im Sommer beschlussfertig zu haben.
Gesetzeslücken werden teilweise geschlossen
So konnten Vorfeldorganisationen der Parteien die Transparenzregeln teilweise umschiffen, wenn sie sich formal von der Partei trennten. Dazu hat beispielsweise die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) einen zusätzlichen Verein zwischen sich und die SPÖ geschalten. Dies wollen ÖVP und Grüne nun erschweren, indem sie den Begriff der parteinahen Organisation weiter fassen.
Auch ein Schlupfloch für die Spendentransparenz in Parteizeitungen wird geschlossen. Diese gilt bisher nur, wenn die Partei selbst ein Medium herausgibt. Künftig gilt die Offenlegung von Inseraten über 2.500 Euro auch, wenn das Medium von einer parteinahen Organisation, einem Abgeordneten oder einem Kandidaten herausgegeben
Rechnungshof begrüßt die Reform
Die Reform sei ein„wichtiger Schritt für mehr Transparenz und Kontrolle“, sagt Rechnungshofpräsidenten Margit Kraker als Reaktion auf die vorgestellte Reform.
„Der Rechnungshof soll unter anderem echte Prüf- und Einsichtsrechte in die Parteifinanzen erhalten. Darauf habe ich nachhaltig gedrängt“, erinnerte die Präsidentin. Sie zeigte sich überzeugt davon, „dass es im demokratischen Wettbewerb klare Spielregeln geben muss. Und, dass die Einhaltung dieser Spielregeln vom Rechnungshof wirksam kontrolliert werden muss.“
Kraker wünscht sich nun „zügige Beratungen“ des Parlaments, um diesen Gesetzesvorschlag in die Tat umzusetzen. Und: „Ich hoffe sehr, dass auch die Oppositionsparteien diesen Reformschritt mittragen können. Wir brauchen eine neue Transparenzkultur in Österreich“, betonte die RH-Präsidentin.
Krakers eigener Vorschlag ging über das Regierungsprogramm hinaus: So schlug der RH etwa eine Zweckwidmung der Parteienförderung vor, die unter anderem das Bezahlen von Strafen daraus ausschließen sollte, sowie die Prüfung der zweckgemäßen Verwendung der Parteienförderung durch den Rechnungshof. Dem sind ÖVP und Grüne bisher nicht gefolgt.
Fraktionen grundsätzlich dafür - aber noch Verhandlungsbedarf
SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried unterstrich nach dem Fraktionengespräch, dass seine Partei für Transparenz stehe. Es sei die Sozialdemokratie gewesen, die eine Obergrenze in der Parteienfinanzierung geschaffen habe. Nun stehe der nächste Schritt an, und man werde sich konstruktiv an dieser Diskussion beteiligen.
Befremdet zeigte sich Leichtfried allerdings davon, dass der Rechenschaftsbericht der ÖVP für 2019 noch nicht vorliege, gehe es im Regierungsvorhaben doch sehr intensiv um genau diese Berichte. „Das erscheint mir schon recht scheinheilig“, meinte er, es müsse da wohl irgendwelche Probleme geben. Von ÖVP-Seite betonte Mandatar Andreas Ottenschläger umgehend, dass der Bericht dem Rechnungshof bereits vorliege, aber noch nicht veröffentlicht sei.
Für die FPÖ kritisierte Generalsekretär Michael Schnedlitz, dass Transparenz sogar zurückgefahren werde. Derzeit seien etwa unter gewissen Voraussetzungen Sofortmeldungen von Spenden vorgesehen, dass solle hinkünftig entfallen. So könne etwa in Wahlkampfphasen die Spendentransparenz völlig zur Seite geschoben werden, meinte er.
Auch Umgehungsmöglichkeiten etwa für Personenkomitees, bei Inseraten von Ministerien oder bei Mitarbeitern in Ressorts sah er nicht konsequent angegangen. Und: „Dass die Bundespräsidentenwahl ausgenommen wurde, ist für uns absolut unverständlich“, sagte Schnedlitz.
NEOS-Vizeklubchef Nikolaus Scherak äußerte sich positiver. Transparenz bei Parteifinanzen sei besonders wichtig, und was nun vorgeschlagen werde, sei jedenfalls eine Verbesserung gegenüber dem Status quo. Man werde den Vorschlag im Detail prüfen. Strengere Strafen seien wichtig. Die Erfahrung habe gezeigt, dass sich manche sonst nicht an die Regeln halten würden, sagte er
Nur ein Teil des Transparenzpakets
Für die Umsetzung des Prestigeprojekts der Grünen, dem Transparenzpaket, fehlen allerdings noch zwei Teile. Neben der Reform der Parteienfinanzierung ist die Abschaffung des Amtsgeheimnisses über das Informationsfreiheitsgesetz weiter offen, nachdem der Vorstoß in Ländern und Gemeinden kritisiert wurde.
Auch Teil 3, die neuen Regelungen der Antikorruptionsbestimmungen gibt es nicht. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat kürtlich darauf hingewiesen, dass zu beiden Punkten bereits ausgearbeitete Vorschläge bei der ÖVP liegen würden.
Kommentare