Paket gegen Kindesmissbrauch: Was es vorsieht und was Experten kritisieren

Paket gegen Kindesmissbrauch: Was es vorsieht und was Experten kritisieren
In der Begutachtung wurden zahlreiche, zum Teil kritische Stellungnahmen eingebracht. Etwa wurde die Erhöhung der Strafen kritisiert. Wieso?

Die Begutachtung des Maßnahmenpakets gegen Kindesmissbrauch endet am Freitag. Das Paket hatte schon bei seiner Präsentation im Jänner eine Welle der Kritik ausgelöst. Einigen ging es nicht weit genug, andere Kritiker empfanden ist entwickelten Maßnahmen als nicht wirkungsvoll.

Was das Paket vorsieht... und was kritisiert wird

➤ Wie der präsentierte Entwurf genau aussieht, können Sie hier nachlesen: Nach Fall Teichtmeister: Strafen für Bilder von Kindesmissbrauch steigen deutlich

Bei Herstellung oder Anbieten einer Vielzahl (ab 30 Fotos/Videos) von Missbrauchsdarstellungen sollen etwa künftig bis zu fünf Jahre Haft möglich sein. Zahlreiche Institutionen meldeten sich zu Wort. So bezeichnet der Verein Neustart den Gesetzesentwurf als unausgegoren und fordert eine Ausweitung von Alterstoleranzklauseln, um Jugendliche nicht zu kriminalisieren.

In Sachen Strafverfolgung sollen laut Gesetzesentwurf bei Besitz von dargestelltem Kindesmissbrauch statt einem Jahr bis zu zwei Jahre Haft drohen, wenn es sich aber um Kindesmissbrauchsmaterial mit unmündigen Minderjährigen handelt, bis zu drei Jahre Haft. Um eine Ausweitung der Tätigkeitsverbote für bereits verurteilte Täter sicherzustellen, soll das bisherige Erfordernis der Tätigkeit bzw. der Tätigkeitsabsicht zum Tatzeitpunkt wegfallen. Das Cyber Crime Competence Center (C4) im Bundeskriminalamt werde aufgestockt und der Ausbau der Expertise bei den Staatsanwaltschaften und in den Landeskriminalämtern vorangetrieben. Zusätzlich soll die Prävention verstärkt werden.

Aus Kinderpornografie wird Darstellung von Kindesmissbrauch

Durch die Reform wird zudem der als verharmlosend kritisierte Begriff der "Kinderpornografie" durch die "Darstellung von Kindesmissbrauch" ersetzt. Im Gesetz wird der Begriff "bildlich sexualbezogenes Kindesmissbrauchsmaterial" verwendet. Dies orientiert sich stark am englischen "Child Sexual Abuse Material" (CSAM), dieser Begriff habe sich international durchgesetzt, so das Ministerium.

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 Kinder/ Jugendliche werden kriminalisiert

"Wir begrüßen Maßnahmen zum Schutz von Kindern", so Christoph Koss, Geschäftsführer des Vereins Neustart. Allerdings würden Verschärfungen im vorliegenden Gesetzesentwurf nicht nur pädophile Sexualstraftäter und Sexualstraftäterinnen treffen, sondern auch Kinder und Jugendliche selbst kriminalisieren. "Das sollte noch repariert werden."

Teilweise sei schon bisher die Herstellung und der Besitz von Darstellungen zwischen Sexualpartnern, deren Verkehr legal ist, mit Strafe bedroht. Seit dem Aufkommen von Messenger Diensten ist nämlich unter Jugendlichen das Verschicken von pornografischen Inhalten stark angestiegen. Das führt dazu, dass von den insgesamt 2.147 im Jahr 2021 ermittelten Tatverdächtigen (nach § 207a StGB) die Hälfte selbst minderjährig war.

Neustart nannte zwei Beispiele: Wenn eine 13-jährige und eine 14-jährige Person miteinander einvernehmlichen Geschlechtsverkehr haben, ist das nicht strafbar. Wenn die 13-jährige der 14-jährigen Person ein explizites Bild von sich überlässt, dann macht sich die 14-jährige Person wegen des Besitzes strafbar. War das bisher mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bedroht, wird die Strafdrohung im Gesetzesentwurf auf 18 Monate erhöht. Zweites Beispiel: Der einvernehmliche Geschlechtsverkehr zwischen einer 17-jährigen und einer 23-jährigen Person ist nicht strafbar. Besitzt die 23-jährige Person ein explizites Bild der jüngeren Person, so ist das derzeit nicht strafbar, soll aber nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf künftig strafbar werden.

Die GÖD Bundesvertretung Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sieht diesen Umstand ebenfalls kritisch. "Das aufgezeigte Spannungsverhältnis könnte vermieden werden, wenn in Fällen erlaubten Sexualkontaktes, auch darauf bezogene und einvernehmlich hergestellte, nicht Dritten überlassene Abbildungen für die am erlaubten Sexualkontakt Beteiligten straflos bleiben", heißt es in ihrer Stellungnahme.

Kritik an Begriffsänderung

Man sehe zudem keinen Anlass, den aktuell in der Praxis etablierten Begriff "pornografische Darstellungen Minderjähriger" durch "bildliches sexualbezogenes Kindesmissbrauchsmaterial" zu ersetzen. Denn der auch zur Begründung dieser Änderung als irreführend bzw. teils verharmlosend erachtete Begriff "Kinderpornografie" finde sich mit einer Ausnahme im gesamten österreichischen Bundesrecht nicht, so die Vertretung der Richter und Staatsanwälte.

Die Bundesjugendvertretung begrüßt zwar eine Änderung des Begriffs "pornografische Darstellungen Minderjähriger", wünscht sich hingegen "sexuelle Missbrauchsdarstellung von Kindern", da dies bereits etabliert und genauer wäre. Die Kinderschutzzentren plädieren für den Begriff "Darstellung von sexuellem Kindesmissbrauch". Zudem sei eine Differenzierung zwischen dem Besitz und der Weiterleitung von Darstellungen von sexuellem Kindesmissbrauch und freiwillig erstellten Bildaufnahmen im Rahmen jugendlicher Sexualität notwendig.

Höhere Strafdrohung keine abschreckende Wirkung

Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag lehnt die Erhöhung der Strafdrohungen ab, da dies bei Sexualstraftaten keine Wirkung auf potenzielle Täter habe. Falls überhaupt solle davon nur die Höchststrafdrohung, nicht aber die Mindeststrafdrohung betreffen. "Es ist fraglich, ob die Erhöhung der Strafrahmen beziehungsweise der Mindeststrafdrohungen geeignet ist, spezialpräventiv und generalpräventiv große Wirkung zu entfalten", meint auch der Bundesverband der Gewaltschutzzentren Österreichs.

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