ÖVP-Expertenvorschläge wären "Katastrophe für Pensionskonto"

Pensionskrach wird im neuen Jahr fortgesetzt
Scharf wie nie warnt das Sozialministerium die ÖVP davor, geleistete Pensionsbeiträge abzuwerten.

Ein Sittenbild aus der Koalition: Am Mittwoch um 7 Uhr in der Früh vernimmt der Sozialminister aus dem ORF-Morgenjournal nichts Geringeres als die Expertenvorschläge des Finanzministeriums für die Pensionsreform.

Drei Stunden später, als Rudolf Hundstorfer beim Ministerrat von Journalisten zu den Vorschlägen aus dem Hause Hans Jörg Schellings befragt wird, muss Hundstorfer zugeben, dass ihm Schelling das Expertenpapier nicht zur Verfügung stellte.

Das Sozialministerium fragte daraufhin offiziell beim Finanzministerium um das Expertenpapier an. Am Mittwoch am späten Nachmittag lag es immer noch nicht vor. Daraufhin müssen Experten des Sozialministeriums auf Basis des Radiobeitrags die Auswirkungen der ÖVP-Vorschläge auf die Pensionen berechnen.

Das Ergebnis: Vor allem ein Vorschlag habe es in sich, nämlich die Aufwertung der Pensionsbeiträge zu ändern.

Was technisch klingt, hätte für jene, die noch arbeiten, aber bereits lange Zeit ins Pensionssystem einbezahlt haben, gravierende Folgen.

Minus 20 % in 20 Jahren

Die Pensionsbeiträge, die die Versicherten in der Vergangenheit gezahlt haben, werden nach geltender Rechtslage analog der Lohnentwicklung aufgewertet. "Dies wirkt wie Zinsen auf einem Sparbuch", sagt der Generalsekretär des Sozialministeriums, Joachim Preiss.

Würden die alten Beiträge nicht mehr nach der Lohnentwicklung, sondern beispielsweise nur mehr nach der Inflationsrate aufgewertet, würde die zu erwartende Pension in einem Beitragszeitraum von zwanzig Jahren um 20 % geringer als jetzt.

Preiss sagt, ein solcher Eingriff würde das mit großem Aufwand eben erst eingeführte System des Pensionskontos ad absurdum führen. "Wir versuchen mit dem Pensionskonto, den Leuten Sicherheit zu geben, indem wir ausweisen, wie viel Pension sie mit ihren geleisteten Beiträgen schon angesammelt haben. Wir haben fünf Millionen Pensionskonten angelegt und Millionen von Versicherten über ihren Kontostand schriftlich informiert. Das wäre alles Makulatur, wenn wir den Aufwertungsfaktor ändern. Alle Informationen wären falsch. Und die ohnehin nicht üppigen ASVG-Pensionen würden um ein paar hundert Euro im Monat sinken. Das Vertrauen in das System wäre erschüttert, es wäre eine Katastrophe."

Ein zweiter Vorschlag, nämlich den Bundeszuschuss zu den Pensionen einzufrieren, wird von der SPÖ brüsk zurückgewiesen. "Das würde bedeuten, dass es keine Pensionsanpassungen mehr geben kann", sagt Hundstorfer. Er könne sich "nicht vorstellen, dass das gewollt sei".

Auch den Expertenvorschlag einer automatischen Anhebung des Pensionsantrittsalters parallel zur steigenden Lebenserwartung lehnen die Sozialdemokraten ab.

Während die Neos die Vorschläge der Experten begrüßen, übt die FPÖ heftige Kritik. Die FPÖ zeiht die ÖVP der "Eiseskälte nahe dem Gefrierpunkt".

Mitterlehner vertagt

ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner verschiebt die Pensionsdebatte ins neue Jahr. Die Expertenvorschläge seien "nicht die Linie der ÖVP". Die Linie werde erst intern abgesteckt. Die Verhandlungen mit der SPÖ würden im Jänner starten.

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